Pro und Contra: Soll man Straftäter abschieben?

Ein Marokkaner, dessen Asylantrag abgelehnt worden war, soll in Hamburg eine Frau vergewaltigt haben. Wie soll der Staat mit kriminellen Asylbewerbern umgehen?

Abschieben oder nicht: Ein Marokkaner soll in einer Bar in der Großen Freiheit eine Frau vergewaltigt haben Foto: Axel Heimken/dpa

Pro

Natürlich sollten die deutschen Behörden Straftäter abschieben. Wer sein Gastrecht missbraucht, soll gehen. Das ist eine legitime Forderung.

Es ist doch absurd: Menschen kommen hierher, weil sie zu Hause verfolgt oder bedroht werden oder weil sie hier bessere Chancen suchen. Und dann brechen sie das Gesetz – dealen mit Drogen oder vergewaltigen Frauen? Wenn es hier „sie“ heißt, ist eine kleine Minderheit gemeint, die das Gros der Migranten in Verruf zu bringt.

Die meisten Ausländer kommen mit dem Wunsch, Inländer zu werden, also Teil einer Solidargemeinschaft. Dafür kann diese Gemeinschaft verlangen, dass sich die Menschen an ihre Gesetze halten. Und sie hat auch das Recht, zwischen Inländern und Ausländern zu unterscheiden. Andernfalls funktionierte weder die Demokratie noch der Sozialstaat.

Die Demokratie verlangt, dass Bürger bereit sein müssen, sich der Mehrheitsmeinung zu unterwerfen. Das setzt wiederum voraus, dass man sich auf Dauer als Teil einer Gemeinschaft begreift, in guten wie in schlechten Zeiten.

Eng damit verbunden ist das Budgetrecht des Parlaments: Das heißt, alle zahlen in einen gemeinsamen Topf, aus dem das Geld umverteilt wird. Es ist nicht selbstverständlich, die Hälfte seines Gehalts abzugeben um Gemeinschaftsaufgaben zu finanzieren oder Not Leidenden zu helfen, das zeigen viele dysfunktionale Staaten.

Dieses Prinzip kann aber nur funktionieren, wenn diese Gemeinschaft Grenzen hat, wenn sie bestimmt, wer dazu gehört und wer nicht. Dazugehören normalerweise diejenigen, die hier geboren und sozialisiert sind. Zuwanderer haben die Chance, nach einer gewissen Zeit, ebenfalls dazu zu gehören und gleiche Rechte zu genießen. Das ist ein Pfund mit dem unsere Gesellschaft wuchern sollte.

Stattdessen behält sie Vergewaltiger hier und tritt Familienvätern, die seit 20 Jahren hier leben und arbeiten nachts um zwei die Wohnungstür ein, um sie in einen Flieger nach Afghanistan zu setzen.

Gernot Knödler

Contra

Eine Abschiebung, das sagt schon das Wort, löst nie ein Problem. Sie schiebt es nur weg. Männer, die Frauen vergewaltigen, sind definitiv ein Problem. Nur: das Problem von A nach B zu schieben, ist eine egoistische Pseudolösung. Der Täter verschwindet aus dem eigenen Radius, alles andere ist dann offenbar egal. Nach dem Motto: Soll er in Marokko oder Afghanistan Frauen vergewaltigen. Hauptsache, er vermiest mir oder „meinen“ Frauen hier nicht die Party.

„Straftäter abschieben“ ist eine nationalistische Forderung. Man will den eigenen, vermeintlich gesunden Volkskörper vor schädlichen Eindringlingen schützen. Wer nicht hier geboren ist, aber hier straffällig wird, soll also aus dem Land fliegen. Bei einheimischen Straftätern fordert man das nicht. Aber wo ist der Unterschied zwischen marokkanischen und deutschen Vergewaltigern? Wieso sollten die einen für eine so dreckige Tat andere Konsequenzen treffen als die anderen?

Gerne wird bei dieser Diskussion das Gastrecht-Argument angeführt. Demnach hat derjenige, der hier straffällig wird, dieses Recht verspielt. Aber schon das Wort „Gastrecht“ führt in die Irre. Menschen fliehen nicht aus ihrem Land, um sich woanders als Gäste aufzuhalten, sondern weil sie hier leben wollen.

Das sollten wir ihnen auch zugestehen, denn erstens sind wir an ihrer Misere mitschuld, zweitens kann niemand was dafür, wo er geboren wurde. Es gibt keinen Grund, einen Zufall ausbaden zu müssen. Außerdem: Wenn wir uns nicht weiterhin mit einer gespaltenen Gesellschaft und rassistischer Gewalt rumschlagen wollen, bleibt uns nichts anderes übrig, als sie als vollwertige Gesellschaftsmitglieder zu akzeptieren. Mit allen Rechten und Pflichten, die auch allen anderen zustehen. Das heißt: Wer vergewaltigt, geht in den Knast. Und da bleibt er möglichst lange.

Leider ist das Sexualstrafrecht hierzulande lächerlich. Wie kann es sein, dass Steuerbetrug härter bestraft wird als Vergewaltigung? Die Aufgaben sollten klar sein: Das Sexualstrafrecht verschärfen und Zuwanderung ernsthaft ermöglichen.

Katharina Schipkowski

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