Zensur in China: Apple ohne Rückgrat

Der US-Konzern hat die App der „New York Times“ in China aus seinem Angebot gelöscht. Damit wurde auch die letzte Möglichkeit, sie zu lesen, geschlossen.

Ein chinesischer Polizist steht vor einem App-Store in Peking

Der Mega-Konzern wird so klein mit Hut vor den chinesischen Medienwächtern Foto: dpa

PEKING taz | Mit großem Aufwand war die New York Times im Frühjahr 2012 mit einer eigenen chinesischsprachigen Website auf dem chinesischen Markt gestartet. Angesichts der über eine Milliarde potenzielle Leser versprach sie im bevölkerungsreichsten Land ein Erfolg zu werden. Doch das Geschäft währte nicht lang.

Erst blockierte die chinesische Führung die chinesische Version. Als die New York Times wenige Monate später unter anderem über das Familienvermögen des Expremierministers Wen Jiabao berichtete, sperrten die chinesischen Zensoren auch die englische Website. Ohne spezielle Entsperrsoftware (VPN) ist die Seite in China seitdem nicht mehr abrufbar. Eine Lücke fand sich aber: Auf Apple-Geräten waren aktuelle Texte der renommierten US-Zeitung über die App noch abrufbar. Und darunter befanden sich auch weiterhin sehr viele Berichte über China. Doch auch damit ist es seit einigen Tagen vorbei.

Die Firmenleitung von Apple hat nun zugegeben, dass sie die Nachrichten-App der New York Times in China aus dem App-Store gelöscht hat. Die US-Zeitung hatte zuvor berichtet, dass ihr Programm seit Ende Dezember im chinesischen App-Store nicht mehr zu finden sei. Ein Apple-Sprecher begründete diesen Schritt damit, dass die App gegen „lokale Regularien“ verstoße. Chinesische Behörden hatten das beanstandet.

Um welche Verstöße es sich genau handelt, führte der Apple-Sprecher nicht näher aus. Bekannt ist aber, dass China für Apple inzwischen der größte und wichtigste Auslandsmarkt ist. Immer wieder hat die chinesische Führung der Firmenleitung in Cupertino damit gedroht, das Geschäft zu behindern. Die New York Times ist nicht das einzige ausländische Medium, das in China von den Zensoren blockiert wird.

Auch die Websites des Wall Street Journal, der Washington Post, der Financial Times, von Reuters und Bloomberg werden immer wieder blockiert. Die Seiten der Voice of America und der Deutschen Welle sind komplett gesperrt, ebenso soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und die meisten Google-Dienste. Wer allerdings auf seinen Apple-Geräten ein entsprechendes Abo etwa des Wall Street Journal oder der New York Times hatte, konnte sich die Texte meist ohne größere Probleme herunterladen. Nur zu bestimmten Anlässen wie etwa zum Jahrestag der Niederschlagung der Demokratieproteste 1989 auf dem Tiananmen-Platz waren auch diese Apps gesperrt.

Kleine Elite als Leserschaft

Bislang gingen die Zensoren davon aus, dass der kostenpflichtige App-Zugang dieser ausländischen Leitmedien nur von einer kleinen Elite in China gelesen wird, die vielseitig über das Weltgeschehen informiert sein soll, von der aber kein Aufruhr zu erwarten ist. Auch der Zugang über VPNs, über die sich Twitter, Facebook und Google innerhalb Chinas nutzen lässt, ließe sich ohne Weiteres kappen. Davon haben die Zensoren aus denselben Gründen bislang weitgehend abgesehen.

In China nutzen die meisten das Internet aber gar nicht mehr über Laptops oder Schreibtischrechner, sondern verwenden ausschließlich mobile Geräte. Das haben jetzt offenbar auch die Zensoren erkannt.

Auch die App der BBC erfreut sich in der Volksrepublik wachsender Beliebtheit. Die Briten bieten ebenfalls einen eigenen chinesischen Dienst an. Bislang ist diese App im chinesischen Apple-Store noch zu finden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.