Nachruf auf Ricardo Piglia: Sein Spiel mit den Krimis

Ricardo Piglia war einer der wichtigsten Autoren Argentiniens nach dem 2. Weltkrieg. Seine Generation öffnete sich für Beat-Poesie und Jazz.

Mann mit grauen, lockigen Haaren und blauem Hemd

Eine der großen Stimmen Argentiniens: Ricardo Piglia Foto: dpa

Im Alter von 75 Jahren verstarb am 6. Januar der argentinische Schriftsteller, Literaturprofessor und Herausgeber Ricardo Piglia in Buenos Aires. In Deutschland wurde der herausragende Literat durch die Übersetzungen seiner Romane „Brennender Zaster“ („Plata quemada“, 1997) und „Künstliche Atmung („Respiración artificial“, 1980) bekannt.

Sein neuester, autobiografisch inspirierter Roman „Munk“ über den rätselhaften Tod einer Literaturprofessorin im Umfeld einer US-amerikanischen Elite-Universität erschien 2015. Der argentinische Autor hatte selbst bis 2010 als Literaturprofessor in Princeton gelehrt, doch kehrte er nach seiner Pensionierung nach Buenos Aires zurück. Im argentinischen Fernsehen stellte er 2012 und 2013 in einer eigenen Sendung zeitgenössische argentinische Literatur einem größeren Publikum vor.

Obwohl für den 1941 südlich von Buenos Aires in Adrogué geborenen Piglia der Weg des Literaten alles andere als vorgezeichnet war, studierte er Geschichte und begeisterte sich in seiner Jugend nicht nur für die argentinischen Schriftsteller Jorge Luis Borges und Roberto Arlt: „Die Lektüre William Faulkners ist eines der großen Ereignisse in meinem Leben“, sagte er.

So gehörte Piglia, der während seiner Zeit im Verlag auch die Kriminalromane von Dashiell Hammett und Raymond Chandler herausgab, zu einer neuen Generation von Intellektuellen in Argentinien, die sich von der Literatur der Beat Generation, dem Kino und Jazz der USA angesprochen fühlte.

Kritik im anregenden Wechselspiel

Seine Romane, die mit dem Krimi-Genre spielen und in denen sein Alter Ego, der Journalist Emilio Renzi, stets in Erscheinung tritt, verhandeln Literatur- und Gesellschaftskritik in einem anregenden Wechselspiel von Szenen und Perspektiven.

Nachdem ihm durch eine schwere Nervenkrankheit das Schreiben zuletzt unmöglich wurde, widmete sich Ricardo Piglia am Ende seines Lebens der Herausgabe bisher unveröffentlichter Schriften – unter anderem seiner Tagebücher, die er bereits im Alter von sechzehn Jahren begonnen hatte. „Im Dezember 1957 verließen wir fast heimlich Adrogué, um in Mar del Plata zu leben. In diesen Tagen der Flucht, in einem der aufgegebenen Zimmer des Hauses, begann ich Tagebuch zu schreiben. Was suchte ich? Die Realität negieren, das Kommende zurückweisen. Noch heute schreibe ich dieses Tagebuch. Viele Dinge haben sich seitdem geändert, doch dieser Manie bin ich treu geblieben.“

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