Vorentscheid für Abkommen mit Kanada: Weichenstellung für Ceta

Eine EU-Generalanwältin plädiert für die Mitbestimmung nationaler Parlamente bei EU-Handelsverträgen. Es geht um „gemischte Abkommen“.

Demo gegen TTIP/Ceta in Stuttgart

Wenn schon, dann wenigstens mit nationalen Parlamenten: Demo gegen TTIP/Ceta in Stuttgart Foto: dpa

FREIBURG taz | Die aktuellen Freihandelsabkommen der EU sind in der Regel „gemischte Abkommen“, benötigen also auch die Zustimmung der nationalen Parlamente. Diese Auffassung vertrat Generalanwältin Eleanor Sharpston in einem Verfahren am Europäischen Gerichtshof (EuGH) zum EU-Abkommen mit Singapur. Es geht auch um eine Weichenstellung für das umstrittene CETA-Abkommen mit Kanada.

Das Abkommen mit Singapur (EUSFTA) wurde im September 2013 als „gemischtes Abkommen“ aufgelegt. Das heißt, EU-Ministerrat und Europäisches Parlament haben es beschlossen, nun muss es von allen nationalen Parlamenten in den 28 EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Die EU-Kommission hält jedoch die EU allein für zuständig und forderte beim EuGH ein Gutachten an.

Die unabhängige Generalanwältin Sharpston unterstützte in ihrem Schlussantrag am Mittwoch aber die Argumentation der Mitgliedstaaten, die von einem „gemischten Abkommen“ sprechen. Zwar sei die EU für viele Themen des Vertrags ausschließlich zuständig, aber nicht für alle.

So seien Abkommen, die Portfolio-Investitionen betreffen, Sache der Mitgliedsstaaten. Das sind Investitionen, die nur auf Rendite zielen und nicht darauf, ein Unternehmen strategisch zu kontrollieren. Auch grundlegende Arbeits- und Umweltnormen seien weiter nationale Angelegenheiten, ebenso Dienstleistungen im Luft- und Seeverkehr.

Sharpston räumte ein, dass die Einbeziehung der nationalen Parlamente den Abschluss solcher Verträge erschwere. Doch das dürfe bei der Feststellung der korrekten Kompetenzverteilung keine Rolle spielen.

Nur ein vager Anhaltspunkt

Nach Informationen der taz wird der EuGH sein Urteil erst im April oder Mai verkünden. Folgt er der Generalanwältin, könnte das Abkommen also unverändert in Kraft treten. In hochpolitischen Angelegenheiten wie hier ist die Position der Generalanwälte allerdings nur ein vager Anhaltspunkt.

Sollten EU-Freihandelsabkommen als „gemischte Abkommen“ eingestuft werden, würde dies auch den bisherigen Weg bei CETA bestätigen. Die EU-Kommission hatte versucht, CETA als „Eu-only“-Vertrag einzustufen, war aber auf den Widerstand der nationalen Regierungen gestoßen. Die Kommission gab zähneknirschend nach, behielt sich aber vor, die Frage nach dem Singapur-Gutachten neu zu bewerten.

CETA war im Oktober im EU-Ministerrat beschlossen worden. Die Abstimmung im Europäischen Parlament soll Anfang Februar stattfinden. Die Ratifikation in den Mitgliedstaaten kann sich über Jahre hinziehen. Teilweise, etwa im belgischen Gliedstaat Wallonien oder im deutschen Bundesrat, dürfte eine Zustimmung fraglich sein, weil das Abkommen als zu investorenfreundlich gilt. Deshalb hoffen CETA-Befürworter immer noch, dass der EuGH die Freihandelsabkommen am Ende als reine EU-Abkommen einstuft.

Doch auch als gemischtes Abkommen soll CETA schon nach der Zustimmung des Europäischen Parlaments vorläufig in Kraft treten – allerdings nur mit den Teilen, die eindeutig in die EU-Kompetenz fallen. Welche das sind, wird sich auch nach dem EuGH-Gutachten zum Singapur-Abkommen bemessen. (Az.: Avis 2/15).

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