FBI-Ermittlungen zum Abgas-Skandal: VW-Manager als Verschwörer

Das FBI erhebt schwere Vorwürfe gegen einen inhaftierten Volkswagen-Mitarbeiter. Auch der sonstigen Konzernführung droht Ärger.

Herbert Diess steht vor einem gelben Elektrobus

Trotz all der Probleme: VW-Markenvorstand Herbert Diess kann noch lächeln Foto: ap

BERLIN taz | Eigentlich müsste VW inzwischen mitbekommen haben, dass die Behörden in den USA – anders als in Deutschland – für Betrug, Lügen und Umweltverschmutzung wenig Verständnis haben. Doch so richtig ernst scheint man das FBI in Wolfsburg noch immer nicht zu nehmen. Anders ist es kaum zu erklären, dass ein Volkswagen-Manager, der gegenüber den US-Behörden persönlich falsche Angaben zur Abgasreinigung bei VW-Modellen gemacht hat, eine Urlaubsreise nach Florida unternommen hat.

Nachdem er am Samstag vor der Rückreise in Miami festgenommen worden war, entschied ein Richter am Montag, dass der 48-Jährige mindestens bis zu einer Anhörung am Donnerstag in Haft bleibt. Vorgeworfen wird ihm nicht nur Betrug an US-Autokunden und Verstoß gegen Umweltgesetze, sondern auch die Beteiligung an einer Verschwörung gegen US-Behörden.

Die Anklageschrift, die die Behörden am Dienstag veröffentlichten, listet detailliert auf, wie das FBI diesen Vorwurf begründet – und gibt zugleich einen Einblick in das Innenleben eines Unternehmens, dessen Manager offenbar lange davon ausgingen, mit Gesetzesverstößen auch in den USA durchzukommen.

Unter Berufung auf zwei Kronzeugen aus dem Unternehmen und interne Unterlagen schreibt der zuständige FBI-Ermittler, dass VW-Mitarbeiter die Behörden jahrelang wissentlich angelogen haben. Denn die Dieselmodelle hielten die Abgasgrenzwerte nur mit einer illegalen Abschalteinrichtung ein, die dazu führte, dass die Abgasreinigung nur bei Labortests voll wirksam war. Spätestens seit Frühjahr 2014 sei dies auch im Management bekannt gewesen.

Ehrlich sein oder nicht?

In einer E-Mail vom 2. April 2014 habe der nun angeklagte Manager, der damals für Umweltfragen in den USA verantwortlich war, an einen Kollegen zu den überhöhten Abgaswerten geschrieben: „Als Erstes sollte entschieden werden, ob wir ehrlich sind.“ Und weiter: „Wenn wir nicht ehrlich sind, bleibt alles, wie es ist.“ (Bei den Zitaten handelt es sich um Rückübersetzungen aus der Anklageschrift.) Wie riskant das Vorgehen war, war dem Manager demnach ebenfalls bekannt: „Vorsatz = Strafe!“, heißt es laut Anklage in einer E-Mail an den US-Chef von VW vom Mai 2014. Auch die Höhe der möglichen Geldstrafen wird bereits kalkuliert.

Im Sommer 2015 soll der Manager, der mittlerweile wieder in Wolfsburg tätig war, die VW-Führung („executive management“) detailliert über die illegale Abschalteinrichtung informiert haben. Die Führung habe entschieden, diese weiterhin geheimzuhalten. Daraufhin habe der Angeklagte gegenüber den US-Behörden falsche Angaben gemacht. Ein Mitarbeiter aus der Motorabteilung sei extra nicht mitgekommen, „damit er nicht wissentlich lügen müsse“, heißt es laut Anklage in einer E-Mail.

Volkswagen lehnte eine Stellungnahmen zu den Vorwürfen auf Anfrage ab. Sind die Aussagen und Zitate aus der Anklageschrift zutreffend, dürften Reisen in die USA auch für andere VW-Manager riskant sein. Vielleicht ist das auch der wahre Grund, warum Konzernchef Matthias Müller sich am Sonntag bei der US-Autoshow in Detroit von VW-Markenvorstand Herbert Diess und Nordamerikachef Hinrich Woebcken vertreten ließ: Diess kam erst in der Endphase des Abgasskandals von BMW zu VW, Woebcken erst im Jahr 2016.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.