Urteil des Bundesgerichtshofs: „Die Zeit“ verliert gegen ZDF-Satire

Zeit-Herausgeber Joffe und Redakteur Jochen Bittner hatten sich gegen einen Beitrag der „Anstalt“ gewehrt. In finaler Instanz bekam diese Recht.

Die Moderatoren Max Uthoff und Claus von Wagner stehen in der Kulisse der ZDF-Anstalt

Sie sind im Recht: Max Uthoff und Claus von Wagner Foto: ZDF

KARLSRUHE taz | Im Streit zwischen Zeit und ZDF hat der Fernsehsender einen klaren Erfolg errungen. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied nun, dass kritische Äußerungen in der ZDF-Satiresendung „Die Anstalt“ keine Persönlichkeitsrechte von Zeit-Journalisten verletzt hatten.

Konkret ging es um die Ausgabe der „Anstalt“ aus dem April 2014. Damals unterhielten sich die ZDF-Kabarettisten Max Uthoff und Claus von Wagner über die Unabhängigkeit von Journalisten – am Beispiel von Zeit-Herausgeber Josef Joffe. Mit Hilfe eines Schaubildes wurde dargestellt, dass Joffe mit zahlreichen US-nahen sicherheitspolitischen Organisationen (etwa der Atlantik-Brücke) verbunden sei, als „Mitglied, Beirat oder Vorstand“. Das Schaubild legte nahe, dass es sich um acht Organisationen handele. Diese Zahl bestritt Joffe jedoch.

Das Landgericht Hamburg kam beim Nachzählen auf sieben Organisationen, erklärte den Unterschied aber für irrelevant. Schließlich gehe es hier um eine Satire-Sendung. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg gab im September 2015 dagegen Joffe Recht. Bei etwas strengerer Auslegung seien es nämlich nur sechs transatlantische Organisationen, mit denen Joffe verbandelt sei. Wenn es aber um nur sechs statt acht Organisationen gehe, dann sei die „verfälschende Abweichung“ so groß, dass sie „geeignet wäre, den sozialen Geltungsanspruch des Klägers zu beeinträchtigen.“

Sechs, sieben, acht … egal

Als letzte Instanz entschied der BGH nun aber doch für das ZDF. Denn ein unvoreingenommener Fernsehzuschauer habe wohl kaum mitbekommen, ob es hier um sechs, sieben oder acht Organisationen ging. Um den Aussagegehalt korrekt zu erfassen, müsse eine Äußerung im jeweiligen Gesamtzusammenhang beurteilt werden. Hierzu gehöre, dass satirische Beiträge stets eine gewisse Verfremdung aufweisen. Im Wesentlichen lasse sich dem Beitrag deshalb nur die Aussage entnehmen, es bestünden Verbindungen zwischen Joffe und den in der Sendung genannten Organisationen. „Und diese Aussage ist zutreffend“, sagte der Vorsitzende Richter Gregor Galke.

Zweiter Kläger war der Zeit-Redakteur Jochen Bittner. Ihm unterstellten die Kabarettisten Verbindungen zu drei Organisationen. Nach Ansicht des OLG Hamburg hatte er allenfalls zu einem der genannten Vereine engere Beziehungen. Auch bei Bittner urteilte der BGH jedoch, dass es nicht auf die Details der Fernseh-Aussage ankomme.

Außerdem hatte sich Bittner gegen den Vorwurf gewehrt, er habe an der Vorbereitung einer Rede von Bundespräsident Joachim Gauck mitgewirkt, über die er später als Journalist wohlwollend berichtet hat. Die Rede hielt Gauck vor der Münchener Sicherheitskonferenz im Januar 2014.

Inkonsequente Herangehensweise

Wie der BGH jetzt feststellte, hatten die Kabarettisten nicht behauptet, Bittner habe direkt an Gaucks Rede mitgewirkt. Sie hatten vielmehr beschrieben, dass Bittner an einem Strategiepapier des German Marshall Funds mitgeschrieben hatte, das dann wohl von Gauck in seiner Rede aufgegriffen wurde.

Auch hier sei die Darstellung der Kabarettisten „wohl zutreffend“ gewesen, sagte Galke in der Verhandlung. Bei diesem Punkt stellte der BGH also nicht auf den groben Eindruck eines unvorbereiteten Zuschauers ab, sondern analysierte dann doch die Details der ZDF-Darstellung.

Insofern wirkte die Herangehensweise des BGH etwas widersprüchlich. Neue Maßstäbe für die kabarettistische Arbeit lassen sich dem Urteil deshalb nicht entnehmen.

Az.: VI ZR 561/15

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