Was wirklich helfen kann

Die Stiftung Warentest gibt eine neue Meta-Studie zur Wirksamkeit von alternativen Heilmethoden heraus. Ihr Ergebnis: Nur jede dritte Methode funktioniert nachweisbar. Doch bei vielen Verfahren gibt es Hinweise auf „positive Effekte“

VON BARBARA DRIBBUSCH
UND SARAH MERSCH

Empörte Aufschreie bei Homöopathen und Teilen der Arzneimittelindustrie erntete die Stiftung Warentest, als sie diese Woche das neue Ratgeberbuch „Die Andere Medizin“ zu alternativen Heilmethoden vorstellte. Viele Verfahren kamen in der Bewertung schlecht weg – teilweise aber auch, weil dazu nur wenig Wirksamkeitsstudien vorliegen. Wer sich mit „seinem“ Verfahren beschäftigen will, muss daher die Meta-Studie der Stiftung in jedem einzelnen Punkt sorgfältig lesen, erst dann ergibt sich ein differenziertes Bild. Im Folgenden werden einige Ergebnisse dokumentiert.

Akupunktur: Bei der Akupunktur werden bestimmte Punkte der Haut, die auf gedachten Linien, den sogenannten Meridianen, liegen, gereizt, um einen blockierten Energiefluss zu regulieren und dadurch Krankheiten und Beschwerden zu heilen. Die Wirksamkeit der Akupunktur ist etwa bei Rückenschmerzen, Fibromyalgien und Kniegelenkarthrosen gut belegt, schreiben die AutorInnen der Meta-Studie. Positive Hinweise existieren auch für einen Nutzen bei chronischen Schmerzen, Kopf- und Nackenschmerzen. Bei Geburtsschmerzen und Depressionen helfe Akupunktur dagegen nicht nachweisbar, so der Ratgeber.

Akupressur und Shiatsu: Akupressur ist eine Druckmassagebehandlung. Shiatsu beinhaltet darüber hinaus dehnende Griffe und Bewegungen. Für die Wirksamkeit dieser Behandlungsformen gebe es wegen fehlender Studien keine eindeutigen Belege, heißt es im Ratgeber. Man könne aber annehmen, dass beide Verfahren bei denjenigen Beschwerden positive Effekte haben, gegen die auch die Akupunktur hilft (siehe oben).

Aromatherapie ist die gezielte Anwendung von ätherischen Ölen zu therapeutischen Zwecken. Dazu gehören Einnahme, Bäder, Massage, Inhalation und Raumbedampfung. Der Einsatz von Ölen kann nachweisbar die Ängstlichkeit bei medizinischen Behandlungen verringern. Lavendelöl-Badezusätze besserten nachweisbar das Wohlbefinden und die Stimmungslage, resümieren die AutorInnen. Hinweise gebe es auch für die „Wirksamkeit von an den Schläfen aufgetragenem Pfefferminzöl“ gegen Kopfschmerzen.

Autogenes Training ist eine Methode der Entspannung durch Autosuggestion. Die Wirksamkeit ist als Ergänzung zu vielen Behandlungen nachgewiesen. So werden zum Beispiel Angina Pectoris, Asthma, Ekzeme, Epilepsie, Kopfschmerzen, milde Depressionen, Schlafstörungen, Stress und Tinnitus gemildert. Bei schweren Depressionen und Angstzuständen eignet sich autogenes Training nicht.

Ayurvedische Medizin ist eine der ältesten überlieferten Formen der Medizin. Ziel des Ayurveda ist es, das System des Körpers in stabilem Gleichgewicht mit der Umwelt zu halten. Basis der Medikamente sind in der Regel Pflanzen, Mineralien und Metalle. Es gebe zwar „Hinweise“ auf die therapeutische Wirksamkeit von ayurvedischen Arzneibehandlungen zum Beispiel bei Akne, Arthrose, Diabetes, Parkinson, rheumatischer Arthritis und Schlafstörungen, heißt es in der Studie. Dem stünden jedoch beträchtliche Risiken gegenüber, beispielsweise haben manche Präparate einen viel zu hohen Bleigehalt.

Die Bachblütentherapie wurde von dem Arzt Edward Bach begründet und behandelt körperliche und seelische Störungen mit speziellen Pflanzenzubereitungen. Akutsituationen werden mit sogenannten Rescue-Tropfen behandelt. Bei Geburten und Depressionen empfanden Probanden zwar eine Entlastung durch die Bachblütenmittel – jedoch war das nicht sicher von einem Placeboeffekt zu unterscheiden, heißt es in der Studie. Auch bei Examensangst waren die Tropfen nicht wirksamer als eine Scheinbehandlung.

Fasten soll das Gewicht reduzieren, Fett abbauen, den Körper entschlacken und mehr Lebensfreude vermitteln. Menschen, die ihr Gewicht durch totales Fasten reduziert haben, wiegen jedoch einige Zeit später sogar mehr als vorher, resümieren die Autorinnen. Auch wegen der gesundheitlichen Risiken für den Kreislauf sei das totale Fasten abzulehnen. Besser als Fasten sei eine langfristige Ernährungsumstellung.

In der Methode nach Feldenkrais soll sich der Patient Haltung und Bewegung bewusster machen und dadurch gewohnte Bewegungs- und Reaktionsmuster verändern lernen. Die Wirksamkeit der Methode ist laut Ratgeber belegt für den Abbau von Stress und die Verminderung von Nacken- und Rückenschmerzen sowie zur Balance bei MS-Patienten.

Homöopathie: In der Homöopathie werden pflanzliche Arzneimittel oft in starker Verdünnung eingesetzt. Es gibt wenn auch nur schwache Hinweise auf eine therapeutische Wirkung bei sehr vielen Störungen, darunter Allergien, Grippe, Heuschnupfen, Blasenentzündungen, Migräne, prämenstruelles Syndrom und Wechseljahresbeschwerden, heißt es im Ratgeber. Da die Wirksamkeitsbelege aber nur schwach seien, falle die Nutzen-Risiko-Abwägung „eher negativ“ aus, so die AutorInnen.

Hypnose: Bei der Hypnose wird ein Bewusstseinszustand entspannter Wachsamkeit erzeugt, in dem der Wirklichkeitsbezug gemindert ist. Die Wirksamkeit der Hypnotherapie ist belegt unter anderem bei psychischen Störungen wie Ängsten, Schlafstörungen, Geburtsschmerzen sowie chronischen Krebsschmerzen und Tinnitus, resümieren die AutorInnen. Bei Psychosen und Personen, die zur Hysterie neigen, und nach sexuellen Übergriffen sollte keine Hypnose angewendet werden.

Im Rahmen der Lichttherapie werden Menschen entweder dem Sonnenlicht oder aber in den dunklen Monaten einem künstlichen Licht ausgesetzt, vor allem zur Behandlung bei Depressionen. Die therapeutische Wirksamkeit gegen Depressionen ist aber nur schwach belegt, heißt es im Ratgeber.

Massagen im klassischen Sinne sind eine Behandlung des Körpers durch Druck und Zugreize durch die Hände eines Behandlers. Massage ist nachweisbar wirksam bei Angstzuständen und Asthma. Auch bei Rückenschmerzen helfen Massagen, besonders wenn sie mit körperlichem Training verbunden werden.

Meditation: Bei der Meditation versenken sich die Menschen durch verschiedene Techniken in sich selbst, um sich zu entspannen und den Gesundheitszustand zu verbessern. Bei der Meditation spiele es eine große Rolle, wie lange sie praktiziert wird. Es gebe „ausreichend Hinweise“, dass Meditation bei Schlafstörungen, zur Reduktion von Stress, zur Minderung von Asthmabeschwerden und hohem Blutdruck wirksam sei, heißt es im Ratgeber.

In der Musiktherapie wird selbst Musik gemacht oder Musik gehört mit dem Ziel, die Behandlung von Krankheiten zu unterstützen. Die Wirksamkeit von Musiktherapien zur Verringerung von Stress, Linderung von Schmerzen, Besserung bei Verhaltensstörungen und bei psychischen Problemen sei „ausreichend nachgewiesen“.

Qigong und Taichi sind traditionelle chinesische Bewegungstechniken. Positive Effekte zeigten sich durch Qigong auf Stimmungslage, Müdigkeit und Schmerzen. Belege gebe es auch zur Behandlungen von Frauen mit prämenstruellem Syndrom, heißt es im Ratgeber. Taichi ist schlaffördernd und verringert den Knochenabbau bei Frauen nach den Wechseljahren. Außerdem gebe es Hinweise darauf, dass Taichi den Blutdruck senken und eine Depression aufhellen kann, schreiben die Autorinnen.

Die traditionelle chinesische Medizin ist ein eigenständiges medizinisches System, das verschiedene philosophische Denkschulen und Heilverfahren aus der Geschichte Chinas in sich vereint. Es beinhaltet eigene Diagnosetechniken, aber auch Arzneimitteltherapien, Akupunktur und meditative Übungstechniken.

Die Wirksamkeit dieser Medizin sei außer für Kopfschmerzen für keine andere Erkrankung belegt, resümieren die Autorinnen der Studie. Die Risiken seien jedoch erheblich, so konnte beispielsweise den Diagnose-Techniken „keine Zuverlässigkeit“ bestätigt werden. Die traditionelle chinesische Medizin sei daher zur Behandlung von Krankheiten wenig bis gar nicht geeignet.

Yoga ist eine Technik aus Körperhaltungen und Atemübungen mit dem Ziel der Harmonisierung von Körper und Seele. Yoga ist wirksam, um Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie erhöhten Blutdruck und erhöhte Cholesterinwerte zu normalisieren und Rückenschmerzen zu verringern. Positive Hinweise auf eine Wirksamkeit gebe es unter anderem bei Asthma, Schlafstörungen, Arthrose, Depressionen, Angst, Stress und Zwangsstörungen, heißt es im Ratgeber.