Konservativer Kreis in Sachsen-Anhalt: Bei der CDU geht's um die Wurst

In Sachsen-Anhalt gründet die CDU einen Konservativen Kreis, der zu einer offiziellen Parteigliederung werden soll. Seine Mitglieder essen: Wurst.

Ein Stück Blutwurst auf einem Holzbrett

Gehört auf den deutschen Tisch: die Blutwurst Foto: photocase.de/boing

BITTERFELD taz | „Konservativ ist, wenn man freitags Wurst isst und keinen Veggieday macht!“ Ein strammer Katholik kann dieser Diskussionsredner beim Sondierungstreffen eines konservativen CDU-Kreises in Sachsen-Anhalt nicht gewesen sein, denn die leben freitags fleischfrei. Aber sonst stimmten die konservativen Attribute am vergangenen Freitag in der Gaststätte „Zum Frosch“ in Petersroda nahe Bitterfeld. Zur Bockwurst gab es Bier, und unter den 60 Gästen befanden sich sechs Frauen.

„Alle schauen auf uns und warten, ob es uns gelingt, einen Konservativen Kreis in der Landes-CDU zu gründen“, hob Ingo Gondro, kommunaler Verwaltungsangestellter, stolz die Pionierrolle seines Kreisverbandes Anhalt-Bitterfeld hervor. Und nicht nur sein Land warte, sagt Gondro, es gehe um die große Union in der gesamten Bundesrepublik.

Überall schössen konservative Gruppierungen „wie Pilze aus dem Boden“, würden aber von den Parteispitzen geschnitten. Am 25. März wird es in Schwetzingen einen ähnlichen Versuch für Baden-Württemberg geben.

Die Absicht in Richtung Bundes-CDU ist klar und fand in Petersroda breite Unterstützung. Über die zu gründenden Landeskreise soll eine Änderung der Satzung angestrebt werden, die einen Konservativen Kreis neben anderen Gruppierungen wie Junge Union, CDA oder Frauen-Union etabliert.

Dafür ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Gondro und andere Redner betonten aber mehrfach, dass sie die CDU nicht spalten wollen und auch nicht mit der AfD liebäugeln. „Wir sind gern in der CDU“, sagt der Mann, der allerdings in seinem Gemeinderat die Fraktion verlassen hat.

Solche Äußerungen fielen ihm nicht schwer, denn Landesgeneralsekretär Sven Schulze war auch nach Petersroda gekommen und zeigte offene Sympathien. Nach dem Eingehen einer sogenannten Kenia-Koalition mit SPD und Grünen vor einem knappen Jahr „gibt es weiterhin Diskussionen unter den 6.800 CDU-Mitgliedern in Sachsen-Anhalt“, konstatierte Schulze.

Zuwanderer haben sich anzupassen

Die Grüne Claudia Dalbert als Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft und Energie – das hatte in dem überdurchschnittlich agrarisch strukturierten Bundesland sofort Proteste auch innerhalb der CDU bewirkt. Die Partei habe die innere Diskussion verlernt, kritisierte Schulze und bot sich auf Bundesebene als Sprachrohr für die Etablierung eines Konservativen Kreises an.

Der Frust über die Kenia-­Koalition in Magdeburg treibt also die Gegenspieler von Ministerpräsident Reiner Haseloff in besonderer Weise an. Aber auch ehemals für die Union selbstverständliche Positionen sehen die besonders Konservativen „in ihren Grundfesten erschüttert“. Gondros Konservativer Kreis in Anhalt-Bitterfeld hat ein Positionspapier verfasst, das als Vorbild für eine Landesvereinigung dienen könnte.

Unter den 60 Gästen befanden sich sechs Frauen

Patriotismus und Leitkultur und eine tausendjährige deutsche Tradition stehen weit vorn. Eine schwarz-rot-goldene Krawatte, wie sie Ingo Gondro trägt, ist allerdings noch nicht Pflicht. Die Themen Sicherheit, Polizei und Wehrpflicht folgen. Ehe und Familie dürften nicht durch die Gleichsetzung nichtehelicher Partnerschaften verwässert werden. Der Islam gehöre nicht zu Deutschland, und Zuwanderer hätten sich anzupassen.

Möglichst noch vor der Sommerpause wollen die Initiatoren offiziell den ersten Konservativen Kreis auf Landesebene gründen. Über die nächsten Schritte auf Bundesebene soll Schwetzingen in zwei Wochen Klarheit bringen.

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