Kommentar Wahlkampf in Frankreich: „Einstimmig“ für die Resignation

Frankreichs Konservative versagen: Anstatt Fillon abzusägen, lassen sie ihn machen. So treiben sie den Populisten die Wähler in die Arme.

Ein Mann spricht vor Publikum

Fillon ist kein Wunschkandidat der französischen Konservativen mehr. Sie ertragen ihn trotzdem Foto: dpa

Am Freitag und am Samstag waren Frankreichs Konservative (fast) alle ein und derselben Meinung: Mit François Fillon lassen sich keine Wahlen gewinnen, er muss weg. Am Sonntag suchten sie dann fieberhaft eine Ersatzlösung – doch am Montag ließen sie denselben Fillon „einstimmig“ als ihren Kandidaten hochleben. Was ist da passiert? Ist Fillon von der Justiz plötzlich zum Unschuldslamm der Nation erklärt worden?

Nein, es ist ein Entscheid aus purer Resignation. Die letzte Hoffnung auf einen Ausweg ist geplatzt, weil Alain Juppé am Montag definitiv eine Kandidatur ausgeschlossen hat.

Jetzt bleibt ihnen nur Fillon mit seiner selbstgerechten Sturheit. Doch welche Glaubwürdigkeit hat nun ein Kandidat und hätte erst recht ein gewählter Präsident, der sich 2016 als Saubermann aufspielte und sagte, ein Präsident müsse eine weiße Weste haben, 2017 dann aber von einer Unterschlagungsaffäre eingeholt wird und vor den Richter muss?

Und welche Glaubwürdigkeit hat dieses von der Partei Les Républicains repräsentierte konservative Lager, das seit fünf Jahren den derzeitigen Präsidenten, François Hollande, in allen Tonlagen kritisiert und als unfähigen Trottel verspottet, jetzt aber je nach Wetterlage begeistert für, danach plötzlich moralisch empört gegen und dann zuletzt wieder aus zerknirschtem Opportunismus für Fillon Stellung nimmt? Die Transparenz und die Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz werden da zu Details.

Ihren Wählern sagen diese Konservativen damit, dass die Grundwerte, mit denen sie sich gern bei Wahlkampagnen aufblähen, für sie selber eben doch nur heiße Luft sind. Auch unter ihren linken Gegnern mag man sich kaum freuen über dieses Spektakel. Denn so diskreditiert man die Politik und treibt den Populisten scharenweise verzweifelte BürgerInnen in die Arme.

Viele Französinnen und Franzosen fragen sich heute nicht nur, wen sie am 23. April noch wählen können, ohne sich zu schämen. Sondern auch, was für Bild ihr Land mit solchen politischen Schmierenkomödien abgibt.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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