80 Prozent bleiben ungeklärt

Wasser Anlässlich des Weltwassertags forderte die UN dazu auf, Abwasser als Ressource zu betrachten

Journalisten besichtigen ein Abwasserrohr in Hamburg Foto: dpa

BERLIN taz | Abwasser sollte als Ressource wahrgenommen werden, nicht als Belastung. Das fordern die Vereinten Na­tio­nen (UN) anlässlich des Weltwassertags. Weltweit fließen derzeit 80 Prozent des Wassers nach einmaliger Nutzung verschmutzt zurück ins Ökosystem. Statt dieses Wasser nur zu „entsorgen“, so die UN in ihrem Bericht zum Wassertag am Mittwoch, müssten daraus Trinkwasser, Energie, Nährstoffe und andere Materialien wiedergewonnen werden. Ein gutes Beispiel für dieses Vorgehen sei Israel: Die dortigen Landwirte nutzten die Hälfte des im Land entstehenden Abwassers, um Felder zu bewässern.

Viele Regionen der Welt sind von solchen Anwendungen weit entfernt. Insbesondere in den ärmeren Stadtteilen im globalen Süden fließt ein großer Teil des Abwassers und der Fäkalien aus den Haushalten unbehandelt in den nächsten Abguss. Dazu kommen laut UN die oft sehr giftigen Chemikalien, die aus Industrieanlagen, Bergbaugruben, Krankenhäusern oder Autowerkstätten in das Abwassersystem fließen.

Doch gute Kläranlagen sind teuer. Laut einem Bericht der Weltbank müssten Regierungen und Entwicklungsbanken die notwendigen Infrastruktur im Wassersektor finanzieren, weil private Investoren kein Interesse daran hätten. Darum entstünden häufig große, zentrale Versorgungssysteme, kritisiert Johannes Rück vom Wash-Netzwerk, einer Initiative deutscher Nichtregierungsorganisationen zu Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene. „Daraus resultiert zwar häufig eine bessere Versorgung der Mittelklasse, etwa in Städten“, sagt Rück, „die chronisch Unversorgten bleiben dabei aber auf der Strecke.“ Dezentrale Systeme der Abwasserbehandlung und des Managements von Fäka­lien­schlamm wären geeigneter. Laut Bundesumweltministerium werden in Deutschland über 96 Prozent des Abwassers aus privaten Haushalten und öffentlichen Einrichtungen in nahegelegenen Kläranlagen gereinigt. Damit sei Deutschland das Land Europas, das am meisten Abwasser wiederaufbereite.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) warnt jedoch davor, dass auch die hochwertigen Kläranlagen in Deutschland beispielsweise Mikroplastik nicht vollständig aus dem Wasser entfernen könnten. „Jedes Jahr gelangen weltweit über drei Millionen Tonnen Plastikpartikel ins Meer“, sagt Nadja Zie­barth, die das Meeresschutzbüro des BUND leitet, „sie stammen hauptsächlich aus synthetischen Textilien und dem Abrieb von Autoreifen.“ Ihre Kollegin Laura von Vittorelli sieht da eine klare Lösung: „Je weniger gefährliche Stoffe produziert werden, desto weniger gelangt auch in den Wasserkreislauf.“ Merle Groneweg