Anschlag in London: „Soldat“ des „Islamischen Staates“?

War der Londoner Attentäter angeleitet oder lediglich angestachelt? Der IS reklamiert den Anschlag in Westminster für sich. Was heißt das?

Zwei Polizeibeamte sichern das Areal vor einem U-Bahnhof in Westminster

Nach dem Anschlag in London steigen nicht nur die Sicherheitsvorkehrungen, sondern auch die Spekulationen darüber, wie weit der Einfluss des IS tatsächlich reicht Foto: reuters

BERLIN taz | Nach dem Anschlag in London hat die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) am Donnerstag die Tat für sich reklamiert. Der Attentäter sei ein „Soldat des Islamischen Staates“ heißt es in der Nachricht, die das IS-Sprachrohr Amaq am Donnerstag verbreitete. „Die Operation folgte dem Aufruf zu Angriffen auf die Länder der Koalition“, heißt es weiter mit Bezug auf die Staaten, die sich in einer internationalen Koalition am Kampf gegen den IS in Syrien und im Irak beteiligen.

Es ist eine Standardformulierung, die häufig vom IS verwendet wird, wenn er sich zu einem Anschlag bekennt. Täterwissen wie den Namen des Attentäters enthält sie nicht. Bislang hat der IS auch kein Bekennervideo des Attentäters veröffentlicht. Die Bekennung über Amaq allein aber sagt wenig darüber aus, wie eng die Verbindung zwischen dem Attentäter und der Terrororganisation war – und ob es sie tatsächlich gab.

Die Londoner Polizei geht bislang von einem Einzeltäter aus. Ob dieser sich aber von der IS-Propaganda zu der Tat anstacheln ließ oder ob die Terrororganisation die Tat nicht doch anleitete oder gar plante, weiß man noch nicht. Auch im Fall Anis Amri, der im Dezember auf dem Berliner Breitscheidplatz zwölf Menschen tötete, gingen die Ermittler zunächst von einem Einzeltäter aus.

Gerade hat die türkische Polizei mutmaßliche Verbindungsmänner Amris festgenommen. Terrorexperten sind sich ohnehin einig: Den klassischen lone wolf, der ganz allein handelt, gibt es nur selten. Inzwischen sind zahlreiche Anschläge wie das Messerattentat auf einen Bundespolizisten am Hannoveraner Hauptbahnhof im Februar vergangen Jahres oder der Sprengstoffanschlag in Ansbach im Juli bekannt, bei denen die Täter von IS-Mitgliedern ganz konkret angeleitet wurden.

Keine vorschnellen Folgerungen

Die Londoner Anschlag passt genau in dieses Anschlagsmuster, zu dem der IS in den vergangenen Monaten immer wieder aufgerufen hat: Terrorattacken in den westlichen Ländern durchzuführen, zur Not mit einfachen Mitteln – Messern, Autos, einer Axt. „Fackle ihre Felder ab“, hatte der inzwischen getötete IS-Sprecher Abu Mohammad al-Adnani, der mutmaßlich für die Planung von Anschlägen außerhalb Syriens und des Iraks zuständig war, unter anderem gefordert.

Vorschnell wäre es aber, daraus zu folgern, dass der IS derzeit nicht mehr in der Lage ist, größere und komplexere Anschläge wie in Paris zu verüben. Gerade hat die Bundesanwaltschaft Anklage gegen drei mutmaßliche IS-Mitglieder erhoben, die als Flüchtlinge getarnt nach Deutschland geschleust wurden und in Düsseldorf einen Anschlag verüben sollten. Der Plan laut Ermittlungen: Zwei Selbstmordattentäter sollten sich in der Altstadt in die Luft sprengen und weitere Attentäter mit Gewehren möglichst viele Passanten töten. Sie flogen auf, weil sich einer von ihnen Anfang vorgangenen Jahres der Polizei in Paris stellte.

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