Kommentar Hatespeech auf Facebook: Maas macht Dampf

Online-Netzwerke tun zu wenig, um Strafbares schnell zu entfernen. Der Bußgeld-Vorschlag des Justizministers präzisiert, was „unverzüglich“ heißt.

Das Logo von Facebook

Oft wissen Opfer gar nicht, wer sie verleumdet. Hauptübeltäter ist ja nicht Facebook Foto: dpa

Im Internet hat der Hass eine neue Dimension. Er erreicht mehr Menschen als früher, er kann leichter verbreitet werden und er bleibt dauerhaft auffindbar. Soziale Netzwerke wie Facebook engagieren sich bisher viel zu wenig, um Strafbares schnell von ihren Plattformen zu entfernen. Wer entsprechende Inhalte bei Facebook meldet, bekommt meist nur die Nachricht, sie widersprächen nicht den „Gemeinschafts-Standards“ – ohne weitere Begründung.

Nach langem Zögern startet Justizminister Heiko Maas (SPD) nun doch noch eine Initiative, um Facebook, Twitter und Co. Dampf zu machen. Sein Vorschlag enthält keine revolutionären Neuigkeiten. Schon bisher muss Facebook rechtswidrige Inhalte „unverzüglich“ löschen oder sperren, nachdem es Kenntnis davon erhält. Das ist seit Jahren im Telemediengesetz geregelt. Im Entwurf zu Maas' „Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken“ (NetzDG) wird nun vor allem präzisiert, was „unverzüglich“ heißt: Offensichtlich rechtswidrige Inhalte müssen binnen 24 Stunden gelöscht werden, sonstige rechtswidrige Inhalte nach sieben Tagen.

Bisher können Betroffene, die in einem Netzwerk beleidigt oder verleumdet wurden, zivilrechtlich die Löschung der Hass-Nachricht verlangen. Falls das Netzwerk nicht reagiert, kann der Betroffene auch Schadensersatz einklagen. Nun sollen noch staatliche Bußgelder hinzukommen: Wenn das Beschwerdemanagement des Netzwerks nicht richtig funktioniert, müsste es künftig bis zu 50 Millionen Euro Bußgeld zahlen.

Dass auch der Staat aktiv werden kann, ist sinnvoll, da bei einigen Hassdelikten wie Volksverhetzung einzelne Personen nicht klageberechtigt sind. Soweit es aber private Betroffene gibt, hätte Maas ihnen einen Auskunftsanspruch gegen die Netzwerke geben sollen. Denn oft wissen die Opfer gar nicht, wer sie verleumdet hat und gegen wen sie juristisch vorgehen können. Der Hauptübeltäter ist ja nicht Facebook. Schade, dass Maas das vergessen hat.

Sinnvoll ist wiederum, dass ein Netzwerk künftig auch Kopien eines strafbaren Inhalts löschen und jedes neue Hochladen solcher Dateien verhindern muss. Genau das wollte der Geflüchtete, der neulich beim Landgericht Würzburg gegen Facebook klagte, erreichen. Das Photo seines Selfies mit der Kanzlerin wurde x-fach im Netz geteilt und mit allerlei Straftaten in Verbindung gebracht, die ihm angedichtet wurden. Was das Landgericht Würzburg ihm im Eilverfahren verweigerte, soll jetzt das neue Gesetz bringen.

Kritiker warnen, dass Facebook, Twitter und die anderen privaten Netzwerke nun als Richter agieren müssen. Doch das ist nicht neu: Dienstanbieter müssen schon heute rechtswidrige Inhalte löschen. Die derzeitige Praxis zeigt aber, dass sie schon aus Geschäftsinteresse kontroverse Inhalte nicht voreilig löschen. Gegen leichtfertige Löschung von Postings seitens der Netzwerke hilft auch, dass das geplante Gesetz eine Benachrichtigung des angeschwärzten Urhebers vorsieht. Wenn er seine Äußerung für legal hält, kann er klagen. Die Letztentscheidung liegt also immer noch bei den Gerichten. Der benachrichtigte Urheber kann den Fall aber auch einfach publik machen. Dann stünde Facebook als Zensor am Pranger – was dem Netzwerk sicher auch nicht schmeckt.

All dies dürfte vorauseilende Überreaktionen verhindern. Im Interesse der Opfer von Netz-Hass kann und sollte Maas‘ Ansatz also durchaus ausprobiert werden.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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