Fake News, Social Bots, Hate: Was ist das eigentlich?

Überall ist von Fake News die Rede, Social Bots sind auf Twitter unterwegs, dort tümmeln sich auch Hater. What? Eine kleine Sachkunde.

Jemand hält sich ein Mikrofon vor das Gesicht

Kommunikation im Netz läuft anders als offline Foto: photocase/Z2sam

FAKE NEWS

Was ist das?

Fake News sind bewusst verbreitete Falschmeldungen – wobei der Begriff bekanntlich immer mehr verschwimmt. Je nachdem, welche Definition verwendet wird, fallen auch Gerüchte, satirische Meldungen und Hoaxes darunter. Und Trump klebt das Etikett auf jede Berichterstattung, die ihm nicht gefällt. Sicher ist: Schon lange vor dem Internet erfanden Menschen und Medien Lügen. Über die sozialen Netzwerke können sie aber heute eine hohe Verbreitung finden: Manche Falschmeldungen hatten in den letzten Wochen des US-Wahlkampfs höhere Klickzahlen als seriöse Nachrichten.

Ist das erlaubt?

Artikel 5 des Grundgesetzes gesteht zunächst einmal jedem Menschen das Recht zu, sich frei zu äußern – auch Lügen sind erlaubt, solange sie nicht gegen ein anderes Gesetz verstoßen. Gegen falsche Tatsachenbehauptungen kann der Betroffene klagen. Wenn es keine direkt Betroffenen gibt, etwa wenn eine Meldung Geflüchtete als kriminell diffamiert, kann man nichts machen. Außer es liegt ein Straftatbestand wie Volksverhetzung vor.

Das fordert die Politik

Die Union fordert eine Gegendarstellungspflicht in sozialen Netzwerken. Die Grünen fordern, die sozialen Netzwerke stärker zur Verantwortung zu ziehen und geltendes Recht besser umzusetzen. Unternehmen sollen regelmäßig berichten müssen, wie sie gegen Falschmeldungen agieren. Bußgelder oder Gewinnabschöpfungen sollen bei Nachlässigkeit als Sanktionen dienen. Die Linke schlägt einen Social-Media-Rat vor, der Facebook und Co. als unabhängiges Gremium kontrolliert.

Das ist problematisch

Medien kontrollieren zu wollen ist an sich problematisch. Bei redaktionellen Medien wie Zeitungen und Fernsehsendern sollen der Presse- und der Rundfunkrat bestimmte Standards gewährleisten. Die sozialen Netzwerke kontrolliert derzeit niemand, obwohl auch über sie Nachrichten verbreitet werden – teils von redaktionellen Medien, teils nicht. Damit haben die Netzwerke ziemlich viel Macht über die Verbreitung von Information. Diese Macht an eine Kontrollinstanz zu übergeben ist aber genauso fragwürdig.

Das könnte noch helfen

Es gibt Browser-Erweiterungen, die Fake News kenntlich machen sollen. Die Initiative Hoaxmap.org dokumentiert und entlarvt Falschmeldungen. Langfristig können Kinder in den Schulen dafür sensibilisiert werden, Netzquellen kritisch zu betrachten.

SOCIAL BOTS

Was ist das?

Meist ist mit Social Bot diese Definition gemeint: ein Programm, das in sozialen Netzwerken versucht, eine menschliche Identität vorzutäuschen. Manche können nur simple Antworten auf bestimmte Hashtags geben oder Tweets zu einem bestimmten Thema weiterverbreiten. Solche primitiven Bots sind nicht schwer zu programmieren, und wer sich die Mühe nicht selber machen will, kann auch ganze Armeen dieser Programme im Internet mieten oder kaufen. Komplexere Bots können auch Inhalte analysieren und Unterhaltungen führen.

Ist das erlaubt?

Social Bots sind nach deutschem Recht legal. Soziale Netzwerke können die Verwendung der Bots in ihren AGBs einschränken oder verbieten. Sobald ein Social Bot etwas Verbotenes tut, also zum Beispiel die Privatsphäre eines Menschen verletzt oder zu Gewalt aufruft, kann rechtlich dagegen vorgegangen werden – wenn man denn weiß, wen man belangen soll. Diejenigen, die den Bot programmiert haben, sind selten auffindbar. Ob die Netzbetreiber mitverantwortlich sind, ist rechtlich noch umstritten.

Das fordert die Politik

Die Grünen und die SPD fordern eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht für Bots. Die Linke und die FDP haben sich für ein Abkommen unter den Parteien ausgesprochen, das die Verwendung von Social Bots ausschließt.

Das ist problematisch

Der Begriff „Bot“ ist vielseitig und kann in einer breiten Definition alle möglichen, auch sinnvollen Programme beinhalten. Für ein Verbot müsste erst einmal definiert werden, was genau gemeint ist. Eine Kennzeichnungspflicht hält die Kommunikationswissenschaftlerin Katharina Kleinen-von Königslöw für eine sinnvolle Maßnahme: „Das wird das Problem zwar nicht aus der Welt schaffen, aber alles, was die Menschen sensibilisiert und dazu anregt, Quellen zu hinterfragen, kann die Situation verbessern.“

Das könnte noch helfen

Die Initiative Botswatch analysiert den Einsatz von Bots bei bestimmten politischen Ereignissen. Auf der Webseite „Bot or Not“ der Indiana University können Nutzer Bot-verdächtige Twitterprofile prüfen lassen.

HATE

Was ist das?

Hass im Netz ist nichts anderes als Hass im Rest der Welt. Die hohe Reichweite und die Anonymität im Web bereiten allerdings den idealen Nährboden für Hetze, Verleumdungen und Beleidigungen. Als Überbegriff ist auch oft von „Hatespeech“ die Rede. Die Verbreiter von Hass im Netz bezeichnet man manchmal als „Trolle“. Viele Menschen sind im Internet nicht mit ihrem echten Namen unterwegs oder geben ihn beim Kommentieren nicht an. Auch Bots können Hasskommentare verbreiten.

Ist das erlaubt?

Wie in der Welt jenseits des Webs auch, kann man Menschen bei Beleidigung, Verleumdung oder übler Nachrede anzeigen. Das ist jedoch aufwändig, und die Aufklärungsrate ist niedrig, sodass viele Verstöße gar nicht erst gemeldet werden.

Das fordert die Politik

Heiko Maas’ Gesetzentwurf sieht vor, dass die Betreiber sozialer Netzwerke Strafen zahlen müssen, wenn sie gesetzeswidrige Beiträge nicht schnell löschen. Die Grünen fordern, „offensichtliche Verleumdungen und üble Nachrede“ binnen 24 Stunden zu prüfen und zu löschen. Der Social-Media-Rat, den die Linken vorschlagen, soll als unabhängiges Gremium auch die Löschung von Gewaltaufrufen in den Netzwerken überwachen.

Das ist problematisch

ExpertInnen befürchten, dass unerreichbare Forderungen die Netzwerke zur Zensur motivieren könnten. „Solche Strafen hätten einfach nur die komplette Überforderung der Unternehmen als Folge“, sagt die Kommunikationswissenschaftlerin Kleinen-von Königslöw. Um Strafen zu umgehen, würden die Netzwerke womöglich große Zahlen von Beiträgen ungeprüft löschen – und damit die Meinungs- und Pressefreiheit einschränken. Das Vorstandsmitglied von Reporter ohne Grenzen, Matthias Spielkamp, fordert, das Löschen von Inhalten überhaupt nicht mehr den Netzwerken zu überlassen, sondern nur noch unabhängigen Gerichten.

Das könnte noch helfen

Viele Medien lassen auf ihren Webseiten Kommentare nur noch unter bestimmten Artikeln und in moderierten Foren zu. Auch auf Facebook könnte es eine sinnvolle Option sein, Kommentare unter manchen Beiträgen auszuschalten. Das fordert zum Beispiel die Social-Media-Koordinatorin der „Tagesschau“, Anna-Mareike Krause. Die Initiative schau-hin.info bietet Informationen und Beratung für Eltern und Kinder.

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