Ernüchterung bei Nachwahlen in Birma: Eine Klatsche für Aung San Suu Kyi

Es waren die ersten Nachwahlen nach dem großen Sieg der Partei der Nobelpreisträgerin. Nun wenden sich die ethnischen Minderheiten von ihr ab.

Frauen sortieren Wahlzettel in Wäschekörbe

Stimmenauszählung durch die Wahlkommission in Rangun. Foto: ap

RANGUN taz Genau ein Jahr nachdem ihre Partei nach einem halben Jahrhundert Militärdiktatur mit großer Zustimmung des Volkes die Macht übernommen hat, musste Aung San Suu Kyi eine Schlappe hinnehmen: Ihre Nationale Liga für Demokratie (NLD) verlor bei Birmas Nachwahlen am Samstag so gut wie alle Sitze in den Regionen ethnischer Minderheiten.

Beobachter überrascht das nicht. Die Enttäuschung der Minderheiten mit der Friedensnobelpreisträgerin ist groß. Seit sie vergangenen Sommer einen Friedensprozess startete, flammte der jahrzehntealte Bürgerkrieg mit den diversen bewaffneten Gruppen der Ethnien wieder auf. In den Teilstaaten Kachin und Shan gibt es heute mehr Kämpfe als vor den Verhandlungen.

Bei den Nachwahlen mussten jetzt 19 Sitze im Nationalparlament und in Regionalparlamenten besetzt werden. Die Wahlen wurden vakant, weil Volksvertreter ins Kabinett oder in andere wichtige Positionen aufrücken oder verstarben. In zwei Wahlkreisen hatten die Wahlen 2015 aus Sicherheitsgründen nicht stattfinden können und wurden jetzt erst nachgeholt.

Die NLD gewann jetzt insgesamt neun Sitze, die Shan-Partei SNLD sechs, die Arakan National Party und die All Nationalities Democracy Party im Teilstaat Kayah jeweils einen. Die bis vor einem Jahr herrschende alte Junta-Partei USDP gewann zwei Sitze, einen davon im Teilstaat Mon.

Streit um Brückenamen war Warnsignal

Vor zwei Wochen trieb dort ein Streit um den Benennung einer Brücke 20.000 Menschen auf die Straße. Die NLD-Regierung wollte eine neue Brücke nach Aung San Suu Kyis Vater, General Aung San, benennen.

Doch das erzürnte die lokale Bevölkerung. Aung San gilt in Zentralbirma, nicht aber bei den Minderheiten als Volksheld, der nach Birmas Unabhängigkeit von Großbritannien 1948 ein föderales System schaffen wollte. Er wurde aber ermordet, bevor es so weit kam.

Da es in Birma noch immer keine regelmäßig durchgeführten Meinungsumfragen gibt, sind Nachwahlen eine seltene Gelegenheit, etwas über die politische Stimmung zu erfahren. Bei den letzten Nachwahlen 2012 hatte die NLD noch 43 der damals 45 vakanten Sitze gewonnen.

Jetzt waren 2,1 Million Birmesen und damit 6 Prozent der stimmberechtigten Wähler insgesamt wahlberechtigt. Während die Wahlbeteiligung 2012 bei knapp 70 Prozent lag, waren es dieses Jahr nur 47 Prozent. Auch das dürfte ein Zeichen der Ernüchterung sein.

Zur Abstimmung standen jetzt weniger als 5 Prozent aller Sitze, die demokratisch vergeben werden. Die große Mehrheit von Aung San Suu Kyis NLD war deshalb auch nicht gefährdet. Doch noch immer behält sich das Militär per Verfassung vor, ein Viertel aller Parlamentarier selbst zu stellen.

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