Konsularischer Besuch für Deniz Yücel: „Wir arbeiten an seiner Freilassung“

Der Journalist Deniz Yücel bleibt in der Haft optimistisch – und ruft dazu auf, Soli-Abos für türkische Tageszeitungen abzuschließen.

Porträt Roth

Staatsminister Michael Roth im Istanbuler Generalkonsulat Foto: dpa

BERLIN taz | Seit 50 Tagen ist Deniz Yücel nun in Haft – am Dienstag durfte ihn zum ersten Mal der deutsche Generalkonsul Georg Birgelen im Gefängnis in Silivri besuchen. Zwar hatte der türkische Ministerpräsident, Binali Yıldırım, der Bundesregierung schon Anfang März zugesagt, dass deutsche Botschaftsmitarbeiter Zugang zu Yücel erhalten würden. Dennoch waren die wiederholten Forderungen Deutschlands nach konsularischer Betreuung für den Welt-Korrespondenten bis Anfang April vergeblich. Am Montag haben die türkischen Behörden Yücel schließlich den Besuch deutscher Diplomaten offiziell gestattet.

Der Zusage der Türkei war ein verstärktes Drängen des Auswär­tigen Amts vorausgegangen. Am vergangenen Freitag hatte der deutsche Außenminister, Sigmar Gabriel (SPD), am Rande des Nato-Außenministertreffens in Brüssel seinen Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu an Yıldırıms Versprechen erinnert und ihn nochmals um den konsularischen Zugang zu Deniz Yücel gebeten.

Daraufhin hatte sich Çavuşoğlu nach Angaben des deutschen Außenministeriums in Ankara intensiv dafür eingesetzt, deutschen Diplomaten einen Besuch in Silivri zu gestatten. Am Montag reiste der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, in die Türkei, um mit den türkischen Behörden zu sprechen.

Roth zeigte sich bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Istanbul erfreut darüber, dass es dem Auswärtigen Amt gelungen ist, dem Journalisten konsularische Betreuung zu ermöglichen. Die einmalige Zusage für den Besuch des deutschen Generalkonsuls sei aber nur der Anfang: „Deniz Yücel ist ein kritischer Journalist, das rechtfertigt nicht, ihn zu inhaftieren. Wir arbeiten an seiner Freilassung“, sagte Roth in Istanbul.

Die Inhaftierung von Yücel bezeichnete Roth als „eine der großen Bewährungsproben für die deutsch-türkischen Beziehungen“. Der Staatsminister riet Deutschland zu mehr Selbstbewusstsein im Umgang mit der Türkei: „Wir sollten uns nicht provozieren lassen. Wir drohen zum Spielball von innenpolitischen Entwicklungen zu werden – dem sollten wir nicht weiter Vorschub leisten“, sagte Roth. Yücel sei im türkischen Wahlkampf offensichtlich zu einem „politischen Projekt“ des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan gemacht worden, der dem Journalisten in mehreren Reden mit widersprüchlichen Vorwürfe erwähnt habe. Erdoğan hatte Yücel unter anderem als „Spion“ und „PKK-Mitglied“ bezeichnet.

Einzelhaft und Trennscheibe

Im Hochsicherheitsgefängnis von Silivri geht es Yücel dem Staatsminister zufolge den Umständen entsprechend gut. Die Umstände jedoch sind erdrückend: Yücel sitzt immer noch in Einzelhaft und darf nur einmal in der Woche eine Stunde lang mit seinen Anwälten und seinen Familienangehörigen durch eine Trennscheibe hindurch sprechen.

Michael Roth, Staatsminister

„Wir drohen zum Spielball von innenpolitischen Entwicklungen zu werden“

Die Schwester des Journalisten, Ilkay Yücel, hat den 43-Jährigen am Montag gemeinsam mit ihrem Vater besucht. „Deniz hat positiv gewirkt. Ich hatte den Eindruck, dass es ihm wesentlich besser geht als beim letzten Mal, als ich ihn vor einem Monat besucht habe“, sagte sie der taz am Telefon. Trotzdem belaste ihn die Einzelhaft nach wie vor sehr. „Er liest und schreibt viel und darf jederzeit an die frische Luft. Rauchen darf er auch, aber er versucht jetzt, weniger zu rauchen.“

In einer Botschaft, die am Dienstag in der Welt veröffentlicht wurde, wendet sich Deniz Yücel mit der Bitte an die Leser*innen, die unabhängigen türkischen Tageszeitungen Cumhuriyet, Birgün und Evrensel aus Solidarität zu abonnieren. Auch er habe „als einen der ersten Schritte in diesem Gefängnis“ die drei Tageszeitungen abonniert, schreibt er. Seiner Schwester zufolge bekommt er die Printzeitungen in Silivri zugestellt und kann sich aus der Gefängnisbibliothek Bücher ausleihen.

Ilkay Yücel ist bereits wieder zurück in Frankfurt. Sie wertet es als positives Zeichen, dass ihrem Bruder „nach einem Monat endlich“ konsularische Betreuung erlaubt wird. Alle zwei Monate ist den Inhaftierten von Silivri offener Besuch gestattet. Ilkay Yücel hofft, dass sie ihren Bruder dann jenseits der Trennscheibe sehen darf. Für Deniz Yücel sind diese zwei Monate am 24. April um. „Aber ich hoffe natürlich, dass er bald entlassen wird“, sagt sie. Hoffentlich schon nach dem Referendum.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.