Großbritanniens EU-Austritt: London empört über Brexit-Rechnung

„Wir werden nicht 100 Milliarden zahlen“, reagierte der britische Brexit-Minister David Davis auf Berichte von Medien. Noch nennt die EU-Kommission keine Zahlen.

EU-Flagge weht neben dem Big Ben in London

Wie lange weht sie da wohl noch? Foto: dpa

LONDON afp | Die britische Regierung hat empört auf einen Bericht zu saftigen Geldforderungen der EU beim Austritt aus der Europäischen Union reagiert. „Wir werden nicht 100 Milliarden zahlen“, sagte Brexit-Minister David Davis am Mittwoch im britischen Sender ITV. Großbritannien werde lediglich seine „internationalen Verpflichtungen“ erfüllen. London gehe in die Austrittsverhandlungen nicht als „Bittsteller“.

Großbritannien will Ende März 2019 aus der EU austreten. Die EU pocht darauf, dass London dabei seine finanziellen Verpflichtungen aus der Mitgliedschaft vollständig erfüllt. Bisherige Schätzungen aus Brüssel bezifferten den Betrag auf zwischen 40 und 60 Milliarden Euro. Eingerechnet wurden dabei etwa zugesagte Zahlungen für EU-Kohäsionsfonds zur Angleichung der Lebensverhältnisse sowie Pensionszahlungen für EU-Beamte.

Die Financial Times berichtete am Mittwoch, Frankreich und Polen pochten nun darauf, auch Agrarausgaben bis zum Jahr 2020 einzurechnen, wenn der aktuelle, siebenjährige Finanzrahmen der EU endet. Deutschland wolle London wiederum nicht erlauben, die Austrittsrechnung zu drücken, indem der britische Anteil an EU-Gebäuden und anderen Vermögenswerten abgezogen werde. All dies könnte die Brexit-Rechnung nach Einschätzung der Zeitung auf bis zu 100 Milliarden Euro erhöhen.

Die EU besteht auf ihrer Forderung, dass Großbritannien beim EU-Austritt alle finanziellen Verpflichtungen erfüllen muss. „Das ist keine Bestrafung“, sagte der Chefunterhändler der EU-Kommission, Michel Barnier, am Mittwoch in Brüssel. London habe als EU-Mitglied Ausgaben zugestimmt, die es erfüllen müsse. Eine konkrete Summe wollte Barnier nicht nennen.

Die Kommission legte am Mittwoch einen Vorschlag für das Verhandlungsmandat für die Brexit-Gespräche vor, die im Juni nach den vorgezogenen Neuwahlen in Großbritannien beginnen sollen. Es sieht zweistufige Verhandlungen vor: Erst wenn wichtige Austrittsfragen wie die Finanzverpflichtungen und die Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien weitgehend geklärt sind, will die EU mit London über die künftigen Beziehungen und insbesondere über ein Handelsabkommen sprechen.

„Die Uhr tickt“

Barnier kündigte an, die EU werde „mit kühlem Kopf und lösungsorientiert“ in die Verhandlungen gehen. Der Franzose warnte London aber davor, den Start der Brexit-Gespräche zu verzögern. Sie müssten nach den Wahlen vom 8. Juni so schnell wie möglich beginnen, sagte er: „Die Uhr tickt.“

Die EU-Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs endet am 29. März 2019 um Mitternacht.

Brexit-Minister Davis wies auch einen Bericht der Times zurück, wonach die EU-Kommission Premierministerin Theresa May daran hindern wolle, mit anderen EU-Staats- und Regierungschefs zu verhandeln. „Es gibt bei Verhandlungen zwei Seiten und die andere Seite wird nicht entscheiden, wer was macht“, sagte er der BBC.

May war nach Presseberichten über ein unerfreulich verlaufenes Abendessen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker unter Druck geraten. Die Premierministerin, die vor Beginn der Brexit-Verhandlungen überraschend vorgezogene Neuwahlen angesetzt hatte, sagte daraufhin am Dienstag, sie werde in den Verhandlungen „eine verdammt schwierige Frau“ sein.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.