Kommentar Streiks in Griechenland: Linke bricht Versprechen

Die größten Gewerkschaften in Griechenland wenden sich gegen die neue Sparmaßnahmen und legen mit Streiks das öffentliche Leben lahm. Zu Recht.

Menschen mit einem Transparent auf der Straße

What's left? Protest in Athen Foto: dpa

Die üblichen Verdächtigen müssen für das jüngste Sparpaket der links geführten griechischen Regierung aufkommen. Das kann so nicht weitergehen.

Was hatten die Griechen nicht alles von ihren Politikern erzählt bekommen, als sie noch in der Opposition waren: Der Mensch steht im Mittelpunkt aller Politik, versicherten die Sozialisten. Wir brauchen endlich Luft zum Atmen, meinten die Konservativen. Die Sparpolitik würde über Nacht abgeschafft und die Troika fortgejagt, drohten die Linken. Deren unberechtigte Partner aus der rechtspopulistischen Ecke hatten auch noch versprochen, den griechischen Müttern ihre ausgewanderten Kinder zurückzubringen. Daraus ist bekanntlich nichts geworden.

Dass ausgerechnet eine linke Partei die einfachen Bürger wieder einmal zur Kasse bittet, wenn es eng wird, kommt bei den krisengeplagten Menschen nicht gut an. Hunderttausende Kleinverdiener, Rentner und Freiberufler glaubten fest an die Syriza-Wahlversprechen. Es sind genau diese Menschen, die den fulminanten doppelten Wahlsieg von Alexis Tsipras im Jahr 2015 erst ermöglichten. Und die sich heute im Stich gelassen fühlen.

Wer in 20 Jahren in Rente geht, rechnet derzeit mit einer Grundpension in Höhe von 360 Euro. Wer ins Krankenhaus muss, bringt seine Betttücher am besten gleich selbst mit. Wer im Norden studiert, erlebt einen Hörsaal ohne Heizung.

Die Arbeitslosigkeit sinkt laut Statistik leicht – aber nur deshalb, weil Hunderttausende Menschen Griechenland bereits verlassen haben.

Ganz zu schweigen von der eigentlich steigenden Arbeitslosigkeit, die laut Statistik anscheinend leicht sinkt – aber nur deshalb, weil Hunderttausende Menschen Griechenland ohnehin bereits verlassen haben. Weitere Hunderttausende werden vermutlich folgen. Das alles kann niemanden gleichgültig lassen. Eine links geführte Regierung erst recht nicht.

Kein Wunder, dass aus Protest gegen die neue Sparmaßnahmen die größten Gewerkschaften in Griechenland mit Streiks das öffentliche Leben lahmgelegt haben.

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Jahrgang 1969, berichtet aus Athen u.a. für die taz und die Deutsche Welle. Er studierte Jura in Bonn und war langjähriger freier Mitarbeiter des WDR und der Deutschen Welle. Auch in Griechenland hat er als Redakteur und Live-Moderator gearbeitet.

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