Wirtschaftliche Beziehungen zu Mexiko: Brücken bauen statt Mauern

Deutschen Firmen gefällt Mexiko, weil die Produktionskosten niedrig sind. Außenminister Gabriel wirbt für noch mehr Zusammenarbeit.

Ein Fabrikarbeiter zwischen Autos

Audi und Mercedes lassen sich derzeit mit großen Werken in Mexiko nieder Foto: dpa

OAXACA taz | Günstiger geht’s nicht: Bereits zwei Jahre bevor im mexikanischen Bundesstaat San Luis Potosí der erste BMW der 3er-Reihe vom Band laufen soll, haben sich die deutschen Autobauer mit der Gewerkschaft CTM auf die Löhne geeinigt. Anfänger sollen 1 Euro pro Stunde erhalten, der Spitzenverdienst am Band wird bei 2,30 Euro liegen.

Damit garantiert die der regierenden Partei PRI nahestehende Gewerkschaft die „günstigen Investitionsbedingungen“, mit denen das Land wirbt. Auch Audi und Mercedes wollen davon profitieren und lassen sich derzeit mit großen Werken in Mexiko nieder. 2,40 Euro pro Stunde werden sie künftig ihren Bandarbeitern zahlen müssen – ein Bruchteil der deutschen Löhne. Mexiko bietet damit die niedrigsten Produktionskosten aller Staaten, die große Fahrzeuge bauen.

Wenn Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) seine Nordamerikareise am Freitag dort beendet, hat er aus Sicht der deutschen Unternehmen also allen Grund, sich für eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit starkzumachen. Knapp 2.000 von ihnen sind in dem Land tätig, neben den Autoherstellern vor allem Textil- und Chemieindustrie.

Und alle bauen auf günstige Arbeitskräfte. Inzwischen liegen die mexikanischen Stundenlöhne 42 Prozent niedriger als die in China. Die 35 Milliarden Euro, die deutsche Firmen derzeit investiert haben, sind also in ihrem Sinne gut angelegt. Nun gelte es, die Chancen zu nutzen, „die sich natürlich ergeben, wenn die Vereinigten Staaten im Freihandel – sagen wir mal – eher ihre Pforten schließen“, so Gabriel vor seiner Reise.

Ob sich tatsächlich Chancen bieten, wenn US-Präsident Donald Trump den freien Warentransfer mit dem südlichen Nachbarn einschränkt, ist fraglich. Im Gegenteil: Außer von dem niedrigen Lohn profitieren deutsche Investoren vor allem vom Nafta-Freihandelsvertrag zwischen den USA, Mexiko und Kanada. Volkswagen beispielsweise verkauft 70 Prozent seiner in Puebla hergestellten Wagen auf der anderen Seite des Rio Grande. Ähnlich sieht es für die vielen Weltmarktfabriken aus, in denen Mexikanerinnen T-Shirts nähen oder Platinen zusammenbasteln. Gäbe es wieder Einfuhrzölle, wäre das ein schwerer Schlag für die Firmen.

Alternativen zu Mexiko: Asien und Südamerika

„Derzeit blicken alle Unternehmen mit großer Aufmerksamkeit darauf, was in den USA passiert“, sagt der deutsche Botschafter Viktor Elbling. Dennoch bleibt er optimistisch, schließlich sind die Produktionsketten zwischen Mexiko und dem nördlichen Nachbarn so verzahnt, dass ein Ende von Nafta auch der US-Wirtschaft schaden würde. „Ich kenne keine Firma, die vorhat, sich aus Mexiko zurückzuziehen“, beruhigte der Diplomat und verweist auf Alternativen: Asien und Südamerika.

Mit 46 Freihandelsverträgen ist Mexiko weltweit führend. Zu den wichtigsten zählt das seit 2000 bestehende Globalabkommen mit der EU, über dessen Modernisierung seit Juni 2016 verhandelt wird. „Wir wollen keine Mauern bauen, sondern Brücken“, erklärte die EU-Wirtschaftskommissarin Cecilia Malmström zuletzt.

Das neue Abkommen, das bis Ende des Jahres eingetütet sein soll, soll den Warenverkehr ankurbeln. Zudem wollen die Europäer einen besseren Zugang zum Energie- und Rohstoffsektor sowie zu öffentlichen Aufträgen und Dienstleistungen. Die Unternehmen schielen besonders auf die seit 2014 zur Privatisierung freigegebenen Strom- und Ölindustrie. Spanische, italienische Firmen, aber auch Siemens sind mittlerweile in dem Geschäft tätig.

Zugleich macht die EU Druck, eine Investitionsschutzregelung festzuschreiben. Sollte sie sich durchsetzen, bekämen Investoren ein Recht auf Entschädigung, wenn die „legitimen Erwartungen“ von Unternehmen durch Gesetzesänderungen oder andere Verordnungen eingeschränkt werden. Das könnte etwa der Fall sein, wenn Bauernverbände erzwingen, dass der Chemiekonzern Bayer in Mexiko nicht weiterhin gesundheitsschädliche Insektizide vertreiben kann, die in Europa verboten sind. Oder wenn eine neue Regierung nicht mehr mit einer „gelben“ Gewerkschaft wie der CTM kooperiert, die es deutschen Autobauern ermöglicht, ihre Arbeiter mit Hungerlöhnen abzuspeisen.

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