Umbau der Energiewirtschaft stockt: Autos sabotieren die Energiewende

Der Zukunftskongress „Energieoffensive 2030“ diskutierte über die Forschung zur Energiewende. Kritik gab es für die bisherige Subventionspolitik.

Lastwagen und Pkw auf der Autobahn

Mit Technik allein sind die negativen Folgen des Verkehrs nicht drastisch zu reduzieren Foto: dpa

BERLIN taz | Der Erfolg der Energiewende in Deutschland wird vom Verkehr sabotiert. Die hehren klimapolitischen Ziele der Bundesregierung werden regelmäßig von steigenden Emissionen aus dem Autoauspuff zunichte gemacht. „Im Verkehr sehen wir null Energiewende“, stellte der Mobilitätsexperte Andreas Knie beim Zukunftskongress „Energieoffensive 2030“ fest.

Eine schnelle Veränderung wird es für den Fachmann vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) in diesem Sektor nur durch Gesetze und Regulationen geben, und nicht so sehr durch Forschung und Innovation, worauf das veranstaltende Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) setzt.

„40 Prozent der CO2-Einsparung im Verkehr können wir durch pure Verhaltensänderung erreichen“, bemerkte der Mobilitätsexperte Knie.

Zweck der Tagung in dieser Woche in Berlin war es, die wissenschaftliche Flankierung der Energiewende zu beleuchten. Das BMBF hat dazu ein riesiges Forschungsprogramm, die mit 400 Millionen Euro ausgestatteten „Kopernikus“-Projekte, aufgelegt. Die Bilanz fiel bemerkenswert kritisch aus. Überall machten die Teilnehmer aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft Mängel beim Großumbau des Energiesystems aus.

Mit ihrer überdimensionierten Förderung von Photovoltaik und Windkraft sei die deutsche Energiewende mittlerweile „zu einem Modell geworden, wie man es nicht machen soll“, war die Position des Wirtschaftsforschers Clemens ­Fuest vom Münchner ifo Institut. Ein Gutteil der Subventionen für die erneuerbaren Energien – die Rede war von 25 bis 30 Milliar­den Euro pro Jahr – wäre in der Forschung besser angelegt. Die Lage, so eine Position auf der Konferenz, ähnele den Subventionsexzessen für die Landwirtschaft in den 70er Jahren, wo der Geldfluss immer mehr Butterberge und Milchseen produzierte. Tatsächlich wird aus den Reihen der praktisch verschwundenen deutschen Solarindustrie zugegeben, dass man zu spät in Forschung und Entwicklung investiert habe.

Ein Gutteil der ­Subventionen für die erneuerbaren Energien wäre in der Forschung besser angelegt

Fortlaufend kam in der Tagung das Spannungsfeld zwischen Technologieförderung und Ordnungsrecht zum Ausdruck. Im Verkehrsbereich steuerte die Entwicklung synthetischer Kraftstoffe bislang in die Sackgasse; die Batterieforschung wurde über Jahrzehnte verschlafen. Auch das Potenzial der „Wärmewende“ für den Klimaschutz wurde bisher nicht gehoben. Die Sanierungsquote im deutschen Wohnungsbau liege immer noch bei jährlich einem Prozent des Bestands, sagte Andreas Kuhlmann, Chef der Deutschen Energie-Agentur (Dena). Der Sanierungsstau könnte mit einem Federstrich durch Änderung der steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten aufgelöst werden.

In gleicher Weise könnte eine andere wirtschaftspolitische Regulation, die Wiederbelebung des Handels mit Emis­sions­zertifikaten, nach Einschätzung der Experten einen Schub für Energie-Innovationen auslösen. „Wir sind enttäuscht vom Zertifikatehandel in seiner heutigen Form“, stellte Christoph Heinrich vom Umweltverband WWF Deutschland fest.

Der Staat solle nicht nur Innovationen anreizen, sondern müsse auch stärker seine ordnungspolitische Rolle ausfüllen. Sonst entstünden Schieflagen wie im Land Brandenburg, das auf der einen Seite gern den Champion bei Solar und Wind herauskehre, sich aber andererseits in unverständlicher Hartnäckigkeit „an seine heimische Braunkohle klammert“. Wenn sich dieser neue Mix aus Technik und Politik nicht einstelle, fürchtete Heinrich, „dann droht der Energiewende die Luft auszugehen“.

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