Sahra Wagenknecht über die NRW-Wahl: „Unser Angebot steht ja“

Die Ko-Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag sieht auch Gutes im Wahlergebnis. Bundespolitisch gebe es der Partei Rückenwind.

Sieben Frauen und Männer in einem Fernsehstudio

Immerhin hat ihre Partei in NRW rund 200.000 Stimmen dazugewonnen: Özlem Alev Demirel, Spitzenkandidatin der Linken (hier vor der Wahl bei einem TV-Auftritt) Foto: dpa

taz: Frau Wagenknecht, die Linke konnte ihr Wahlergebnis in Nordrhein-Westfalen verdoppeln, scheiterte aber knapp an der 5-Prozent-Hürde. Was ist Ihnen lieber: Glückwunsch oder Beileid?

Sahra Wagenknecht: Weder noch. Das ist einerseits ein gutes Ergebnis, weil wir über 200.000 Stimmen dazugewonnen haben. Andererseits, wenn der Einzug in den Landtag dann an 8.561 Stimmen scheitert, ist das natürlich bitter.

Was bedeutet das?

Bundespolitisch gibt uns das Wahlergebnis Rückenwind. Wir gehören zu den Parteien, die ihr Ergebnis deutlich steigern konnten und haben damit bewiesen, dass wir mit unseren Themen Stimmen hinzugewinnen können. Aber für NRW und für den Landesverband ist es kein gutes Ergebnis, weil uns die parlamentarische Verankerung weitere 5 Jahre fehlen wird. Und das ist eine wichtige Voraussetzung, um sich landespolitisch zu profilieren.

Sahra Wagenknecht ist seit 2015 gemeinsam mit Dietmar Bartsch Fraktionsvorsitzende der Partei DIE LINKE im Bundestag.

Hat Ihnen Hannelore Krafts Ansage, Sie seien nicht regierungsfähig, eher genützt oder geschadet?

Das hat vor allem Frau Kraft geschadet, denn sie hat den WählerInnen der SPD deutlich signalisiert, dass sie ihre bemerkenswerte Ignoranz gegenüber Bildungsmisere, Armut und Langzeitarbeitslosigkeit auch in Zukunft nicht verändern will. Denn die Absage an uns war ja gleichbedeutend mit der Ansage, sie möchte mit CDU oder FDP koalieren. Und ich denke schon, dass sich in diesem Moment der eine oder andere endgültig überlegt hat, Frau Kraft definitiv nicht noch einmal seine Stimme zu geben.

Die meisten enttäuschten SPD-WählerInnen sind zu den Christdemokraten und der FDP gewandert. Die Linke profitierte relativ wenig von der Unzufriedenheit. Woran hat das gelegen?

Da haben andere Themen eine Rolle gespielt, die innere Sicherheit beispielsweise. Eine Rolle spielte vermutlich auch, dass viele Leute schlicht diese Regierung abwählen wollten.

Es gab eine deutliche Rechtsverschiebung, haben die Leute einfach keine Lust auf Linke?

Da die Linke gerade ihr Wahlergebnis verdoppelt hat, finde ich diese Schlussfolgerung abwegig.

Das ist die dritte Landtagswahl in Folge, bei der SPD, Grüne und Linke in verschiedenen Konstellationen keine Mehrheit bekamen. Ist Rot-Rot-Grün im Bund gestorben?

Wir wünschen uns eine Bundesregierung, die den Sozialstaat wiederherstellt und auf Frieden und Abrüstung setzt. Die Frage ist, ob SPD und Grüne das ebenfalls wollen. Herr Schulz ist zwar mit der Ansage gestartet, die Politik der Agenda 2010 zu hinterfragen und für soziale Gerechtigkeit einzutreten. Das hat einen unglaublichen Hype entfacht. Dann stellten die Menschen ernüchtert fest, dass Schulz nicht liefert. Also: Nicht die verlorenen Landtagswahlen haben den Schulz-Hype beendet, sondern die Enttäuschung darüber, dass bei der SPD doch alles weitergeht wie zuvor. Wenn die SPD so weitermacht, wird es auch rechnerisch keine Mehrheit für Rot-Rot-Grün geben. Viel wichtiger ist aber: Es gibt keine inhaltliche Übereinstimmung, Agenda-Politik kann die SPD tatsächlich am besten mit der CDU machen.

Parteichef Bernd Riexinger meinte vergangene Woche, die Linke werde den Sozialdemokraten weiter Angebote machen. Sehen Sie das genauso?

Unser Angebot steht ja: Wir wollen eine grundlegend andere, sozialere Politik. Als Mehrheitsbeschafferin eines SPD-Kanzlers für ein politisches „Weiter so!“ mit prekären Jobs, Armutsrenten und Hartz IV stehen wir allerdings nicht zur Verfügung.

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