Putin bei Macron in Frankreich: Sanftmut nach der Einladung

Emmanuel Macron und Wladimir Putin treffen sich in Versailles. Russland dürfte versuchen, gemeinsame Anknüpfungspunkte zu finden.

Emmanuel Macron und Vladimir Putin laufen nebeneinander

Macron (links) wollte dem Kremlchef (rechts) „streng“ entgegentreten Foto: ap

MOSKAU taz | Russlands Präsident Wladimir Putin ließ alles stehen und liegen, um der Einladung des französischen Staatschefs Emmanuel Macron an die Seine zu folgen. Erst vergangene Woche ließ Paris in Moskau anfragen und erhielt einen positiven Bescheid.

Dass ausgerechnet Emmanuel Macron auf den russischen Präsidenten zugeht, verwundert Beobachter in Moskau. Der 39-Jährige stand nicht auf der Wunschliste der Russen bei der französischen Präsidentschaftswahl.

Auch im französischen Wahlkampf schienen russische Hacker Macrons Wahlkampfzentrale ins Visier genommen zu haben. Russlands staatliche Propagandamedien verunglimpften Macron auf breiter Front. Sie boten Kräften eine Bühne, die Macron zum Agenten US-amerikanischen Kapitals erhoben oder ihn der Homosexualität bezichtigten.

Kaum traf die Einladung ein, ist alles wie vergessen. Dieselben Medien heben die besondere Bedeutung Putins hervor, der als erster Auslandsgast in Paris vorsprechen könne. Tatsächlich war Italiens Premier vor Putin da. Womöglich hat Macron gar Verständnis und Empathie für das eitle Spiel einer verunsicherten Nation.

Vorbereitung mit „offenem Visier“

Dass Macron nicht nachtragend ist, wird in Russland nicht übersehen. Putin ist dagegen eher dünnhäutig, er hätte sicher in gleicher Lage schon zur Revanche geblasen.

Nach der Einladung gab sich der Kreml sanftmütig. Statt Widersprüche zu vertiefen, wolle Moskau nach gemeinsamen Anknüpfungspunkten suchen, resümierte das Boulevardblatt Moskowskij Komsomolez. Der Kreml bereite sich auf das Treffen mit „offenem Visier“ vor. Putins Berater Juri Uschakow sah eine Chance, die russisch-französischen Regierungskonsultationen vielleicht wieder aufnehmen zu können. Sie waren nach der Annexion der Krim 2014 eingestellt worden. Allerdings sind weder in Syrien noch in der Ukrainefrage Fortschritte zu erwarten. Moskau könnte gleichwohl zu geringen Zugeständnissen in Syrien bereit sein, meint Igor Bunin vom Zentrum für politische Technologie.

Dass Macron auf Putin zugeht, verwundert Beobachter in Moskau

Macron wollte dem Kremlchef „streng“ entgegentreten, hatte er im Vorfeld gesagt. Darauf versteht sich auch der russische Präsident.

Das internationale Gefüge bietet auch dem Taktiker Putin keine sichere Angriffsfläche. Mehrfach hat er sich verrechnet. Moskaus Intervenieren in den USA brachte die Hoffnungen auf Annäherung, gar eine Arbeitsteilung mit Washington zu Fall. In Frankreich scheiterte Marine Le Pen, die Putin noch vor der Wahl zur Audienz in Moskau empfangen hatte.

Ein neuer Ansprechpartner für Russland?

Auf den ersten Blick scheint die Entfremdung zwischen Trump und der EU Russlands Interessen entgegenzukommen. Seit Jahren arbeitet der Kreml auf einen Bruch hin. Tatsächlich dürfte eine selbstständigere EU für Russland nicht einfacher zu handhaben sein. Zumal Brüssel und Washington Moskau als unabhängigere Gegenspieler gegenübertreten. Sicher will Putin auch ausloten, ob Macron in die frühere Rolle Angela Merkels als wichtigster europäischer Ansprechpartner Russlands schlüpfen könnte.

Offizieller Anlass der Visite ist eine Ausstellung in Versailles. Zar Peter der Große besuchte Frankreich vor 300 Jahren und begründete die diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern. Peter schuf mit der neuen Hauptstadt Petersburg ein „Fenster nach Europa“. Putin schlug es wieder zu. Peter soll nächtelang über gemeinsame Pläne fabuliert haben. Tags drauf konnte sich niemand erinnern. Der Wein war schuld.

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