Radfahren in Taiwan: Fahrradhelm mit Miniventilator

Technisch versiert und ökologisch auf dem neuesten Stand: Trotz schwüler Hitze hat sich Taiwan zu einem Paradies für Radfahrer entwickelt.

Viele Radfahrer vor einem großen Gebäude

Radlerinnen an Silvester 2011 vor der Gedenkhalle für Staatsgründer Tschiang Kai-Shek Foto: reuters

PEKING taz | Taiwan ein Himmel für Radfahrerinnen und Radfahrer? Darauf wäre vor 15 Jahren kaum einer gekommen. Denn auf der subtropischen Insel in Ostasien ist es die meiste Zeit im Jahr heiß und schwül. Sich morgens zur Arbeit aufs Zweirad zu schwingen, war stets verbunden mit durchgeschwitzten Hemden zum Dienstbeginn.

Auch für ausgedehnte Radtouren schien sich der Inselstaat nur wenig zu eignen. Der urbanisierte Ostteil ist dicht besiedelt und an vielen Stellen zubetoniert mit hässlichen Industrieanlagen. Der Rest der Insel ist durchzogen von hohen Bergen und steilen Klippen.

Doch in den letzten Jahren hat sich jede Menge getan. Nicht nur bieten immer mehr Arbeitgeber ihren Angestellten im Büro Duschmöglichkeiten an. Vor etwa zehn Jahren haben Lokalregierungen und das staatliche Tourismusbüro damit begonnen, kräftig in die Infrastruktur zu investieren. Über 3.500 Kilometer moderne und gut beschilderte Radwege sind entstanden.

In den Städten gibt es mit „Youbikes“ günstig Leihräder. Und selbst einige Bahnhöfe wurden fahrradfreundlich umgestaltet. Sie stellen etwa Duschen bereit, kostenlose Radwerkstätten sowie Rollrampen zu den Zügen. Umgerechnet mehr als 250 Millionen Euro hat Taiwan mit seinen 23 Millionen Einwohnern in den Ausbau seiner Rad-Infrastruktur investiert – pro Kopf so viel wie in keinem anderen Land.

Überrascht, wie schön die Natur zu Hause ist

Die Taiwaner nehmen das Angebot dankend an. Und keineswegs nur junge Leute. „Früher bin ich Auto oder Moped gefahren“, sagt etwa die 61-jährige Hsu Uee-chen aus der Hauptstadt Taipeh. Jetzt fahre sie ausschließlich Rad. „Gut für die Gesundheit“, sagt sie. Die Abgase des motorisierten Verkehrs schreckt sie nicht ab. Sie trage Atemschutzmaske.

Ausschlaggebend für den Radboom auf Taiwan war angeblich ein Film, der 2006 ins taiwanische Kino kam: „Island Etude“ heißt er. Darin begibt sich ein schwerhöriger Hochschulabsolvent auf der Suche nach neuen Herausforderungen auf Reise und umrundet mit seinem Rad die ganze Insel. Viele Zuschauer waren überrascht, wie schön die Natur ihrer Heimat ist – und schwangen sich aufs Rad.

Selbst einige Bahnhöfe

wurden fahrradfreundlich

umgestaltet

Ebenfalls von dem Film inspiriert war King Liu, Chef und Gründer von Giant, dem größten Radhersteller der Welt. Trotz Krebserkrankung umrundete der damals 73-Jährige die Insel – nicht ganz uneigennützig. Journalisten begleiteten ihn auf der zweiwöchigen Tour und machten daraus ein Medienspektakel. Der Absatz für Giant-Räder auf dem bis dahin eher mauem Heimatmarkt ging durch die Decke. Zu seinem 80. Geburtstag im Jahre 2014 wiederholte er diese Aktion – natürlich mit Erfolg.

Doch auch das Freizeitverhalten der Taiwaner hat sich verändert. Verbrachten die meisten jungen Leute in den Städten vor zehn Jahren ihre freie Zeit meist in klimatisierten Einkaufszentren, zieht es sie nun an Wochenenden in Massen mit dem Rad in die Natur. Und was lässt sich tun gegen die Hitze? Hsu zeigt auf ihren Fahrradhelm, an dem ein solarbetriebener Miniventilator befestigt ist. „Derzeit der letzte Schrei“, sagt sie.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.