Finanzhilfen für Griechenland: Erleichterung verschoben

Die EU-Minister entscheiden über die Freigabe neuer Hilfskredite. Der vom IWF geforderte Schuldenschnitt wird erneut vertagt – wegen Schäuble.

Tsipras und Tsakalotos applaudieren mit finsteren Minen

Sie hätten gerne applaudiert, doch Schäuble macht Tsipras und seinem Finanzminister Tsakalotos mal wieder einen Strich durch die Rechnung Foto: dpa

BRÜSSEL taz | Diesmal ist sogar Wolfgang Schäuble optimistisch. „Am Donnerstag kriegen wir es hin“, sagte der Bundesfinanzminister vor dem Treffen der Eurogruppe in Luxemburg. Die im Juli fällige Auszahlung eines neuen Hilfskredits an Griechenland sei zum Greifen nah. „Sie werden es sehen“, säuselte der sonst so störrische CDU-Politiker vor dem entscheidenden Treffen der EU-Finanzminister am Donnerstag.

An den Börsen sorgte das für Freudensprünge. Die seit Jahren drohende Staatspleite scheint abgewendet, der Grexit, der Austritt Griechenlands aus dem Euro, ist vom Tisch. Doch in Brüssel hielt sich die Begeisterung in Grenzen. Denn Schäuble hat nichts zu seinem Streit mit dem Internationalen Währungsfonds IWF gesagt. Und hier liegt die Crux.

Der IWF fordert seit Jahren massive Erleichterungen beim Schuldendienst, damit Griechenland wieder auf die Beine kommt. Denn die Schulden sind aus Sicht der Washingtoner Experten längst nicht mehr tragbar. Der Schuldenberg ist seit Beginn der Krise 2009 auf 180 Prozent der Wirtschaftsleistung angewachsen – die Last wird einfach zu groß.

Doch Schäuble ist weiter gegen einen Schuldenschnitt. Selbst die lange versprochenen Entlastungen beim Schuldendienst lehnt er ab. Gleichzeitig besteht der deutsche Finanzminister auf einer Beteiligung des IWF am laufenden dritten, bis zu 86 Milliarden Euro schweren Hilfsprogramm.

Lagarde schlägt ungewöhnlichen Deal vor

Es ist eine perfekte Falle – denn beide Forderungen sind miteinander unvereinbar. Wochenlang haben die Gläubiger und Griechenland nach einem Ausweg gesucht. Sie müsse spätestens beim Treffen in Luxemburg gefunden werden, hieß es. Doch nun sieht es so aus, als würde die Lösung wieder vertagt – auf Mitte 2018, wenn die Hilfe ausläuft.

Denn IWF-Chefin Christine Lagarde hat sich Schäuble gebeugt und einen ungewöhnlichen Deal vorgeschlagen. Der Währungsfonds könne sich – wie von Deutschland gefordert – am laufenden Programm beteiligen, die strittige Frage der Schuldenerleichterungen aber vertagen, sagte die Französin.

Alexis Tsipras sieht sich um die Früchte seines verzweifelten Kampfes betrogen

Für Schäuble wäre das perfekt, denn er müsste vor der Bundestagswahl keine Kompromisse machen. Der IWF wäre zwar nur als Zuchtmeister dabei – auf ihn gehen die jüngsten harten Einschnitte bei den Renten zurück. Doch diese Rolle ist dem IWF ja auch zugedacht. Auf Finanzspritzen aus Washington kann Berlin verzichten.

Ganz anders sieht die Sache für Athen aus. Premier Alexis Tsipras sieht sich um die Früchte seines verzweifelten Kampfes betrogen. Er hatte einen Schuldenschnitt als Gegenleistung für neue soziale Härten versprochen. Stattdessen kommt nun wohl ein neuer Hilfskredit, der die Schuldenlast weiter vergrößert und gleich wieder in den Schuldendienst fließt – also zurück an die Gläubiger.

Frankreich ist Griechenlands Hoffnung

In Griechenland bleibt von den erwarteten 7 Milliarden Euro kaum etwas hängen. Und selbst die für 2018 geplante Rückkehr an den Finanzmarkt ist gefährdet. Denn die Europäische Zentralbank will Athen den Zugang zu günstigeren Konditionen verweigern, solange die Frage der Schulden-Tragfähigkeit nicht geklärt ist.

Der einzige Hoffnungsschimmer für Tsipras kommt aus Frankreich. Finanzminister Bruno Le Maire hat vorgeschlagen, den künftigen Schuldendienst an das Wirtschaftswachstum zu koppeln. Außerdem könnte Griechenland neue EU-Hilfen für Investitionen bekommen. Ob Schäuble diesen Plan mitträgt, ist aber unklar.

Sollte er Nein sagen, könnte sich auch Griechenland wieder sperren. Tsipras hat schon angekündigt, dass er den Streit dann zur Chefsache macht – und auf den EU-Gipfel in der kommenden Woche trägt. Dann müsste Kanzlerin Angela Merkel Farbe bekennen – genau wie 2015, als der Streit schon einmal eskaliert war.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bei wieviel Prozent liegen die Parteien? Wer hat welche Wahlkreise geholt?

▶ Alle Zahlen auf einen Blick

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.