Beata Szydłos Rede in Auschwitz: Antiflüchtlingspolitik gerechtfertigt

Kritiker werfen Ministerpräsidentin Beata Szydło nach ihrer Rede in Auschwitz vor, das Gedenken an die Opfer zu instrumentalisieren.

Die Ministerpräsidentin Polens, Beata Szydlo, spricht im ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz

Beata Szydlo spricht am Mittwoch im ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz Foto: dpa

WARSCHAU afp | Mit Äußerungen bei einer Gedenkfeier im früheren NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau hat die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydło Kritik hervorgerufen. Szydło hatte am Mittwoch gesagt, „in unserer turbulenten Zeit“ sei Auschwitz eine „große Lehre“, dass „alles getan werden muss, um die Sicherheit und das Leben unserer Bürger zu verteidigen“. Kritik äußerten unter anderen EU-Ratspräsident Donald Tusk und die Oppositionspartei Nowoczesna.

Tusk, früherer polnischer Ministerpräsident, kommentierte via Twitter: „Solche Worte sollten niemals an einem solchen Ort von einer polnischen Ministerpräsidentin ausgesprochen werden.“ Die Veranstaltung, bei der Szydło sprach, war dem 77. Jahrestag der ersten Nazi-Transporte polnischer Häftlinge in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau gewidmet. Die rechtsgerichtete Ministerpräsidentin sprach bei dieser Gelegenheit auch über die Leiden der Auschwitz-Opfer und den Heldenmut von Polen während der Nazi-Zeit.

Polen weigert sich derzeit, die von der EU beschlossene Umverteilung von Flüchtlingen mitzutragen und selbst Flüchtlinge aufzunehmen. Die EU-Kommission hatte deshalb am Dienstag Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen, Ungarn und Tschechien beschlossen. Der polnische Regierungssprecher Rafał Bochenek hatte am Dienstag erklärt, die Umverteilung von Flüchtlingen sei eine „Bedrohung“ für die Sicherheit Polens.

Kritiker warfen Szydło nach ihrer Rede in Auschwitz vor, das Gedenken an die Opfer des Vernichtungslagers für eine Rechtfertigung der Anti-Flüchtlings-Politik ihrer Regierung zu instrumentalisieren. Die polnische Regierungschefin hatte ihre Weigerung zur Aufnahme von Flüchtlingen wiederholt mit Sicherheits-Erwägungen begründet.

Aus dem Kontext gerissen?

Die Chefin der liberalen Oppositionspartei Nowoczesna, Katarzyna Lubnauer, warf Szydło vor, „den Horror von Auschwitz zu missbrauchen, um den Polen Angst vor Flüchtlingen zu machen“. Der Vorsitzende der christlichen Vereinigung der Familien von Auschwitz, Krzystof Utkowski, sagte laut dem Portal wp.pl, Szydło habe mit ihren Äußerungen einen „krassen Fauxpas“ begangen.

Regierungssprecher Bochenek wies die Anschuldigungen zurück und warf den Kritikern vor, die Worte der Regierungschefin aus dem Kontext zu reißen und falsch zu interpretieren. „Wer will, kann in jeder Erklärung schlechte Absichten erkennen“, sagte Bochenek.

Das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau war im Zweiten Weltkrieg im damals besetzten Polen das größte NS-Vernichtungslager. Etwa 1,1 Millionen Menschen wurde dort ermordet, die meisten waren Juden. Unter den Auschwitz-Toten sind auch 80.000 nicht-jüdische Polen, 25.000 Sinti und Roma sowie 20.000 sowjetische Soldaten.

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