Innenminister in Kiel schaltet Justiz ein: Journalisten abgehört?

Die Kieler Nachrichten haben einen Fragenkatalog an die Landespolizei Schleswig-Holstein geschickt. Auch um herauszufinden, ob Journalisten überwacht wurden.

Ein Mann hält seinen Zeigefinger an sein Kinn und guckt fragend, umringt von anderen Menschen

Laut Schlewig Holsteins Innenminister Studt ist eine staatsanwaltschaftliche Prüfung alternativlos Foto: dpa

KIEL dpa | Wegen der möglichen Überwachung von Journalisten durch Schleswig-Holsteins Landespolizei hat Innenminister Stefan Studt (SPD) die Justiz eingeschaltet. In einer persönlichen Erklärung wies Studt am Donnerstag einen solchen Verdacht zurück. Hintergrund ist ein Katalog von 18 Fragen zu einer Rocker-Affäre bei der Landespolizei, den die Kieler Nachrichten (KN) an sein Haus geschickt haben.

KN-Chefredakteur Christian Longardt begrüßte, dass die Staatsanwaltschaft klären solle, ob es strafrechtlich relevante Aktivitäten bei der Polizei gegeben habe. „Wir haben keine Vorwürfe erhoben, sondern im Rahmen unseres journalistischen Auftrags Recherchefragen gestellt“, sagte er. „Ziel dieser Fragen war und ist es, die Vorgänge bei der Landespolizei rund um die sogenannte Rocker-Affäre weiter aufzuklären.“

Die Affäre begann, als Ex-Piraten-Fraktionschef Patrick Breyer dem Landeskriminalamt und dessen Ex-Vizechef Ralf Höhs Anfang Mai Aktenmanipulation im Zuge von Rocker-Ermittlungen im Jahr 2010 zu einer Messerstecherei in einem Neumünsteraner Schnellimbiss vorwarf. Die entlastende Aussage eines Informanten aus der Szene zugunsten von zwei Beschuldigten sei teilweise unterdrückt worden.

Studt erklärte dazu am Donnerstag nun, „mindestens fünf der gestellten Teilfragen zielen darauf ab, ob die Landespolizei seit 2016 Journalisten, insbesondere der Kieler Nachrichten, mit Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung überzogen hat“. Er habe „keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass diese Vorwürfe auch nur im Ansatz berechtigt sein könnten und weise sie deshalb mit aller Deutlichkeit zurück“. Zwar seien die Fragen neutral gestellt, er komme aber zu der Annahme, „dass sie einen konkreten Vorwurf beinhalten“.

Laut Studt ist eine staatsanwaltschaftliche Prüfung alternativlos. Er habe angewiesen, der Generalstaatsanwaltschaft den Fragenkatalog zukommen zu lassen mit der Bitte, „ihn unter allen denkbaren strafrechtlichen Aspekten zu prüfen“, sagte er auf seiner voraussichtlich letzten Pressekonferenz als Innenminister des Landes. Fragen zu seiner persönlichen Erklärung ließ er dabei nicht zu. Die Generalanwaltschaft war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Keine Anhaltspunkte für eine Straftat

Ein Sprecher der Landespolizei verwies auf Anfrage auf eine Mitteilung vom 30. Mai. Darin stellte LKA-Direktor Thorsten Kramer fest, vor einer Telefonüberwachung erfolgten umfangreiche Prüfungen. „Die Landespolizei führte und führt keine illegalen Überwachungen der Telekommunikation durch, insbesondere weil gesetzeskonform handelnde Beamte und Beschäftigte – wie in der gesamten Landespolizei – Verantwortung tragen.“

Zwei Ermittler hatten sich 2010 gegen die Vorfälle aufgelehnt. Einer der beiden Polizisten schaltete wegen der Aussage des Informanten später über seinen Anwalt die Staatsanwaltschaft Kiel ein. Die sah nach Prüfung der Vorwürfe jedoch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat. Mittlerweile beschäftigt sich auf Bitten der Beamten auch die Polizeibeauftragte des Landes, Samiah El Samadoni, mit dem Fall.

In der vergangenen Woche wiesen Innenministerium und Staatsanwaltschaft Vorwürfe gegen das LKA und Höhs im Innen- und Rechtsausschuss des Landtags zurück. Weil Pirat Breyer im Mai Strafanzeige gegen Höhs erstattete, prüft die Staatsanwaltschaft Lübeck derzeit den Anfangsverdacht einer Straftat und entsprechende Verjährungsfristen. Derzeit gebe es aber „keine zureichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen einer verfolgbaren Straftat“, sagte Generalstaatsanwalt Wolfgang Zepter im Aussschuss.

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