Kommentar Italienisches Hafenverbot: Verständliche hilflose Drohung

Es ist legitim, dass Italien die europäischen Partner in die Pflicht nehmen will. Auf dem Rücken der Flüchtlinge lässt sich das aber nicht erreichen.

Polizisten stehen am Hafen, während ein Beibboot in Richtung Land fährt

Du kommst hier nicht rein? (Symbolbild) Foto: ap

Seit Jahren schon fordert Italien eine Europäisierung der Flüchtlingspolitik – und jetzt versucht das Land, die Wende mit der Brechstange zu erzwingen. In Zukunft, so die Regierung in Rom, sollen die nicht unter italienischer Flagge fahrenden NGO-Schiffe die Geretteten bitteschön in andere europäische Länder bringen; die italienischen Häfen sollen ihnen verschlossen bleiben.

Wundern muss man sich nicht über diese Drohung. Spätestens seit 2015 heißt es immer wieder aus Brüssel, Italien müsse Unterstützung erfahren von den anderen europäischen Ländern. Geschehen ist jedoch äußerst wenig. Der europäische Umverteilungsplan, der die Aufnahme von etwa 100.000 in Griechenland und Italien angekommenen Flüchtlingen durch andere EU-Staaten vorsah, ist Makulatur. Statt sich zu verbessern, hat sich Italiens Situation im Vergleich zu 2014 deutlich verschlechtert.

Damals nämlich konnten viele Flüchtlinge einigermaßen ungehindert weiterwandern. Damit ist es heute weitgehend vorbei, wegen der lückenlosen Registrierung bei der Ankunft, auch wegen der weit strengeren Kontrollen an den Grenzen zu Frankreich oder Österreich.

Die anderen Regierungen in der EU wissen das bestens. Mehr als die Zusage, dass Italien seine Flüchtlingsaufnahmekosten aus dem Stabilitätspakt herausrechnen darf, kam jedoch bisher nicht heraus. Deshalb greift Rom jetzt zu seinem Ultimatum. Gelöst wäre mit einer Sperrung der italienischen Häfen schier gar nichts. Es ist unter medizinischen und humanitären Aspekten schlicht unmöglich, die oft genug überfüllten Rettungsschiffe zu tagelangen Fahrten Richtung Frankreich oder Spanien zu nötigen.

So hat Italien recht und unrecht zugleich. Es ist legitim, dass das Land die immer wieder angekündigte Europäisierung der Flüchtlingsaufnahme durchsetzen will. Auf dem Rücken der Flüchtlinge und ihrer Retter lässt sich dieses Ziel jedoch nicht erreichen.

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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