AKWs in Belgien: Verstrahltes Geld stinkt nicht

Der Bund ist Mitbesitzer von belgischen Schrottmeilern. Ein Pensionsfonds hält Aktien im Wert von 6,4 Millionen Euro – Hendricks will sich davon trennen.

Menschen vor dem Atomkraftwerk Tihange

Protest vor dem Atomkraftwerk Tihange im Juni 2017 Foto: dpa

GÖTTINGEN taz | Die belgischen AKW Tihange 2 und Doel 3 stehen wegen Pannen und Rissen in den Reaktordruckbehältern in der Kritik. Vor einer Woche forderten 50.000 Demonstranten die Abschaltung der Meiler. Auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) will, dass die beiden Blöcke vom Netz gehen. Allerdings werden Doel und Tihange von deutschen Fabriken mit frischen Brennstäben beliefert. Nun wurde bekannt, dass der Bund über seinen Pensionsfonds selbst an der Betreiberfirma beteiligt ist.

Wie die Aachener Zeitung am Wochenende allerdings berichtete, halten die Sondervermögen „Versorgungsrücklage“ und „Versorgungsfonds“ des Bundes Aktien im Wert von insgesamt 6,4 Millionen Euro an dem Betreiberkonzern Engie-Electrabel. Das Blatt berief sich auf eine Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage von Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer.

„Es ist unglaubwürdig, einerseits die Stilllegung der Schrottreaktoren Tihange und Doel in Belgien zu fordern, andererseits eine Beteiligung am Betreiber Engie zu halten“, sagt Krischer. Er wirft der Bundesregierung Bigotterie vor, weil Hendricks ein Abschalten der Reaktoren fordert, aber Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sich „über die Gewinne aus diesem russisch Roulette freut“.

Hendricks sagte der Zeitung, sie habe „bisher keine Kenntnis davon, dass der Bund über seinen Pensionsfonds indirekt an dem Betreiber der Reaktoren in Doel und Tihange beteiligt sein soll“. Treffe das zu, werde sie sich innerhalb der Bundesregierung dafür einsetzen, „dass wir uns unverzüglich von den deutschen Anteilen trennen“.

Hendricks fordert das Abschalten, Schäuble freut sich über die Gewinne

In Nordrhein-Westfalen war bis vor Kurzem ebenfalls der Pensionsfonds an Engie-Electrabel beteiligt. Nach Protesten hatte das Land diese Anteile verkauft. Die neue schwarz-gelbe Landesregierung beschloss am Freitag, sich für das Abschalten von Tihange 2 und Doel 3 starkzumachen. Die Landtagsfraktionen von CDU und FDP fordern zudem einen Stopp von deutschen Brennelementelieferungen an die belgischen Risikoreaktoren.

Die Sicherheit der beiden AKW steht infrage, seit Techniker bei Ultraschalluntersuchungen Tausende feine Risse an den Druckbehältern entdeckten. Sie waren zunächst wenige Millimeter groß, inzwischen sind Risse von bis zu 17,2 Zentimetern dokumentiert. In den vergangenen Jahren ereigneten sich in Tihange und Doel auch etliche Störfälle. Infolge von Bränden und Ausfällen von Kühlwasserpumpen mussten die Reaktoren mehrfach notabgeschaltet werden. Die Wirtschaftswoche nannte für Tihange einen „Störfallkatalog, neben dem sich der ‚Herr der Ringe‘ wie ein Reclam-Heft ausmacht“.

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