heute in hamburg
: „Für und nicht gegen etwas“

Herumlungern Hard Cornern zu G20: Alternative Demonstration mit No-G20-Musikprogramm

Miko Hucko

Foto: Anna Lupien

29, Reality Programmer und ausgebildete Dramaturgin aus Bern. Sie ist Teil der Bewegung „Alles Allen“.

taz: Miko Hucko, was bedeutet hard Cornern?

Miko Hucko: Im Grunde, sich auf der Straße zu treffen und Raum einzunehmen. Cornern, also das Herumlungern an einer Straßenecke, bedeutet einfach, auf der Straße Musik zu hören und Getränke am Kiosk zu kaufen. Beim hard Cornern liegt der Fokus, im Gegensatz zu gängigen Protesten, auf dem Zwischenmenschlichen: gemeinsam an der Ecke zu stehen und eigentlich nichts Aktives zu tun.

Also eine Alternative zur gängigen Demonstration?

Ja, Demonstration heißt ja immer etwas zu zeigen. Und Cornern ist ja etwas, das den Ideologien der Leute, die den G20-Gipfel mittragen, zutiefst widerspricht. Nichtstun ist das Radikalste, was man tun kann. Vor allem in einer Gesellschaft, die erwartet, dass man etwas produziert. Einfach auf der Straße zu sein, ist für uns sehr politisch. Es muss kein Raum betreten werden, der bereits durch Normen, Konventionen oder Gesetze vorstrukturiert ist. Alles entsteht in dem Moment, in dem man gemeinsam einfach da ist.

Was soll darüber hinaus passieren?

Die Idee ist, dass sich die Leute möglichst dezentral und lustvoll ihre eigene Corner einrichten. Und zwar da, wo sie es für richtig halten. Was sie tun, liegt also nicht in unserer Hand. Es ist natürlich cool, wenn die Leute dazu Radio hören. Am besten dasselbe Programm. Wir empfehlen den Sender FSK 93,0.

Warum?

Weil es da von 16 bis 22 Uhr das No-G20-Musikprogramm gibt. Es gibt verschiedene DJ-Sets, stündlich „andere Nachrichten“, motivierende Texte und Jingles, die im Kontext zum G20-Gipfel stehen.

Was ist das Ziel der Aktion?

Dass die Menschen zeigen, wie sie sich ihre Welt vorstellen. Es geht also nicht darum gegen, sondern für etwas zu sein. Mit „Alles Allen“ streben wir eine Welt an, in der alles allen gehört und alle das Sagen haben. Wir haben die gemeinsame Vision von einem Leben außerhalb kapitalistischer Strukturen und des Nationalstaates. Wir wollen die Dinge untereinander regeln und kein Oben und Unten.

Das klingt nach Anarchie.

Für uns stehen Lust und Vertrauen im Vordergrund. Und das bringt natürlich auch Chaos mit sich. Wir wollen jedoch betonen, wofür wir sind, um aus der Anti-Haltung herauszukommen, die in den letzten Jahren mit diesem Wort verbunden war.

Interview Katharina Kücke

Hard Cornern: St. Pauli, Karoviertel, Schanze, anderswo; Radio FSK 93,0, 16–22 Uhr