LGBTI Pride in Istanbul: Polizei verhindert Parade

Der Marsch war aus „Sicherheitsgründen“ verboten worden. Es fanden Happenings statt, gegen die die Polizei mit Gummigeschossen vorging.

Menschen in Polizeiwesten bei der Festnahme einer Person

„Sicherheitsgründe“ dienten schon in der Vergangenheit der Repression, hier 2016 Foto: dpa

ATHEN taz | Ein Großaufgebot der Polizei hat am späten Sonntagnachmittag in Istanbul die jährliche LGBTI-Pride-Parade der türkischen LGBT-Gemeinde verhindert. Sie sperrte alle Zugangswege zum geplanten Demonstrationsort an der Istiklal-Caddesi im Zentrum der Stadt ab, und ließ nur Leute durch, von denen sie annahm, dass sie nicht zu den Demonstranten gehörten.

Trotzdem kam es in den Nebenstraßen der Istanbuler Flaniermeile zu vereinzelten kleinen Happenings. Knapp 200 Demonstranten schafften es auch bis zum zentralen Platz, wurden dort aber von der Polizei unter Einsatz von Gummigeschossen vertrieben.

Daraufhin versammelten sich die Teilnehmer in einer Nebenstraße und verlasen eine Presseerklärung. TV-Journalisten wurden aber von der Polizei aktiv daran gehindert, Filmaufnahmen zu machen. Erst einen Kilometer abseits des ursprünglichen Versammlungsplatzes gelang es den Demonstranten dann doch noch, einen kleinen Demo-Zug zu formieren. Allerdings nur für ein paar Minuten, dann war die Polizei auch dort zur Stelle und trieb die Demonstranten mit Tränengas auseinander. Der Marsch war am Samstag kurzfristig vom Istanbuler Gouverneur aus „Sicherheitsgründen“ verboten worden.

Dahinter steckt eine generelle Ablehnung der LGBTI-Pride durch die islamische AKP-Regierung, die in diesem Jahr zusätzlich bestärkt wird, weil der Marsch auf den ersten Tag der Feierlichkeiten nach Beendigung des Fastenmonats Ramadan fällt.

Sichtbarkeit als Schutz

In ihrer Stellungnahme erklärten die Veranstalter, ihr Marsch finde jedes Jahr in der letzten Juniwoche statt und habe mit dem Ramadan nichts zu tun. „Sie wollen, dass wir uns verstecken und unsichtbar sind. Doch gerade die Sichtbarkeit ist unser Schutz“, sagten die Veranstalter. Sie forderten für sich ein Diskriminierungsverbot in der Verfassung.

Der Pride-Marsch der LGBT Gemeinde findet in Istanbul seit 2002 statt. Ihre größte Demo feierten Lesben und Schwule im Jahr 2013 als Teil der sogenannten Gezi-Park-Proteste. In dem Jahr zogen Tausende durch die Istanbuler Innenstadt und glaubten bereits, in der Türkei einen Durchbruch erzielt zu haben. Doch seitdem wird die LGBT-Bewegung, wie die gesamte säkulare Opposition gegen die AKP, immer stärker unterdrückt. Seit zwei Jahren wurde der Marsch auch offiziell verboten, weil er jeweils während des Fastenmonats stattfinden sollte.

In der Türkei ist Homosexualität nicht verboten, wird aber gesellschaftlich und politisch stark ausgegrenzt. Dennoch ist die Türkei zumindest bis jetzt immer noch das einzige muslimische Land, in dem öffentliche Kundgebungen von Homosexuellen nicht gänzlich unmöglich sind.

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