Wahlbeteiligung unter Merkel: Asymmetrische Fakten

Martin Schulz poltert gegen Merkels Schweigen. Das „ZDF heute journal“ will sie verteidigen, schaut aber nicht genau genug hin.

Porträt Angela Merkel

Warum ein Programm, wenn es doch ohne auch läuft? Foto: ap

Er kann einem schon ein wenig leid tun, dieser Martin Schulz. Ein sorgsam durchgerechnetes Wahlversprechen nach dem anderen wirft der SPD-Kanzlerkandidat in die Politik-Manege und von Angela Merkel kommt im Gegenzug – nichts. Statt auf Wahlprogramme setzt die Kanzlerin bisher nur auf Schweigen.

„Asymmetrische Demobilisierung“ hat Matthias Jung, der Chef der Forschungsgruppe Wahlen, das 2009 genannt. Die Taktik: Zu kontroversen Themen keine Stellung beziehen und hoffen, dass die Wähler der anderen Parteien am Wahltag einfach zu Hause bleiben. Martin Schulz nannte das in seiner Parteitagsrede „einen Anschlag auf die Demokratie“ und zog damit den heiligen Zorn der Union auf sich.

Auch das „ZDF heute journal“ wollte der Kanzlerin zu Hilfe eilen – natürlich nicht mit allzu offensichtlichem Schulz-Bashing, sondern mit harten Fakten. Denn die sind in Zeiten von Lügenpressen-Vorwürfen eine Bastion der demonstrativen Neutralität. Frei nach dem Motto: „Menschen lügen. Zahlen nicht“.

Schiefer Vergleich

Die Zahl, die das ZDF für sein crossmediales Faktencheck-Projekt #ZDFcheck17 ausgegraben hatte, war 0,7 Prozent. Um eben diesen Wert war die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2013 höher als 2009 – und das trotz der vermeintlich demobilisierenden Wahlkampfstrategie der Bundeskanzlerin. Sogar Matthias Jung durfte in dem 80-sekündigen Einspieler zu Kreuze kriechen und verlautbaren: „Wir haben mehr Polarisierung als asymmetrische Demobilisierung.“ Damit ist die Behauptung für das ZDF widerlegt.

Zu dumm nur, dass Angela Merkel nicht erst seit 2009 Bundeskanzlerin ist, sondern bereits seit 2005. Damals betrug die Wahlbeteiligung noch 77,7 Prozent. 2013 waren es nur noch 71,5 Prozent – ein Rückgang von immerhin 6,2 Prozentpunkten. Ein Fakt, den man auch hätte checken können.

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