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: Das Biest im Personenzoo liebt rohe Sachen

„Split“ (USA 2016, Regie: M. Night Shyamalan)

Kevin Wendell Crumb ist kein einfacher Mann. Er ist ein Zoo von 23 Personen. Männer und Frauen, kapriziös oder introvertiert; es sind okaye darunter, Barry zum Beispiel, gefährliche auch, Dennis vor allem, dann Hedwig, das neunjährige Kind, ziemlich creepy, auch wenn es eindrucksvoll wie ein Erwachsener tanzt. Dahinter, darunter steckt eine Zusatzfigur: Sie heißt „das Biest“ und ist aus dem Stoff, aus dem Horrorfilme und Albträume sind.

Hedwig lispelt und Dennis dissimuliert. Alle jedoch, von Barry bis Jade, werden vom Schotten James McAvoy gespielt, der zum Ausagieren des multiplen inneren Kevin nicht mehr hat als die Kleider, die Sprache, die Stimme, die Gesten, die Moves. Der Kopf ist geschoren und damit sozusagen neutral. So hinreißend lässig in und außer sich different wie Tatjana Maslany in der kanadischen Fernsehserie „Orphan Black“ ist McAvoy nicht, man sieht die Arbeit, die er in die Persönlichkeiten steckt, in die er sich spaltet. Wenn er einmal eine Reihe von Ichs in seinem Körper Revue passieren lässt, braucht er die Unterbrechung durch zwanghafte Gesten, damit man die Übergänge wirklich begreift. Aber als Tour de force geht das in Ordnung.

Es geht in M. Night Shyamalans „Split“ um die Verunheimlichung des Vertrauten. Dafür tut auch die Kamera, die sich durch Räume und an die Figuren gerne heranschleicht, nicht wenig. Subtil ist Shyamalan, wie stets, eigentlich nicht. Aber er ist auch diesmal in seiner ganzen Beknacktheit auf schöne Weise direkt. Kevin, denn es gibt auch einen Plot, kidnappt drei junge Frauen und steckt sie in einem verlassenen Bau in seinen persönlichen Knast. Was er von ihnen will, ist nicht ganz einfach zu sagen: Denn unterschiedliche Persönlichkeitsanteile wollen verschiedene Dinge. Einer will junge Frauen gern nackt tanzen sehen. Das Biest jedoch liebt rohere Sachen und würde die Frauen am liebsten verspeisen.

Ein bisschen übersinnlichen Mumbo Jumbo gibt es, wie bei Shyamalan üblich, auch in „Split“. Wissenschaftlich aufgebrezelt wird die Idee, dass die Einbildung nicht nur psychische, sondern auch physische Differenzen hervorbringt, durch eine Wissenschaftlerin namens Fletcher. Unter den drei gekidnappten Frauen wiederum ist eine durch ihr eigenes Trauma zum „final girl“ prädestiniert. Casey (Anya Taylor-Joy) muss die sexuelle Belästigung durch ihren Onkel in Rückblenden und im Kevin-Knast wiederholen, reflektieren und durcharbeiten. Das tut sie und manipuliert ihrerseits die vielen Kevins nach Kräften. Ganz am Schluss gibt es, wie so oft bei Shyamalan, einen Twist – diesmal das eigene Filmuniversum betreffend. Da sitzt doch glatt Bruce Willis am Tresen, und ein Geist ist er nicht.

Die DVD ist ab rund 14 Euro im Handel erhältlich.