Bannon geht, Trumps Rassismus bleibt

USADer heftig umstrittene Chefstratege des Präsidenten verlässt das Weiße Haus und geht zurück zur rechtsradikalen Nachrichtenseite „Breitbart News“. Wie verändert das die Politik Donald Trumps?

Da waren sie noch vereint: Trump und Bannon im Januar 2017 Foto: Evan Vucci/ap/dpa

aus New York Dorothea Hahn

Das Wort „Krieg“ steht im Raum, nachdem US-Präsident Donald Trump seinen Chefstrategen gefeuert hat. Doch der geschasste Steve Bannon will nicht etwa gegen seinen Exchef kämpfen, sondern für ihn. „Ich werde gegen die Opposition von Präsident Trump in den Krieg ziehen“, kündigte der Vordenker der radikalen Rechten und selbst ernannte „ökonomische Nationalist“ am Wochenende an. Der Präsident antwortete mit einem Twitter-Kompliment. Er prognostizierte, Bannon werde bei der rechtsradikalen Nachrichtenseite „Breitbart News“ eine „harte und kluge neue Stimme“ werden und sagte: „Die Fake News brauchen die Konkurrenz.“

Die US-Regierung hatte am Freitag mitgeteilt, dass Bannon sich mit Stabschef John Kelly über seinen Abgang geeinigt habe. Was da noch wie der Versuch aussah, einen der meistverhassten Männer im Land loszuwerden, wirkt am Sonntag eher wie eine Umverteilung der Aufgaben. Doch es könnte auch schiere Panik hinter Trumps freundlichem Tweet stecken. Denn Bannon hat das Ohr der weißen Nationalisten und Neonazis, die sich selbst den beschönigenden Namen „Alt Right“ gegeben haben und die Trump umwirbt.

Direkt nach seinem Rausschmiss hat Bannon klargemacht, dass er nicht schweigen wird. In einem Interview bezeichnete er die „Trump-Präsidentschaft, für die wir gekämpft und die wir gewonnen haben“, als beendet und behauptete, dass nun moderate Kräfte die Kontrolle übernehmen würden.

„Präsident Bannon“ wurde der 63-Jährige genannt, nicht nur wegen seiner Position im Weißen Haus, sondern auch, weil er damit prahlte, der Mann zu sein, der hinter Trumps Ideen steckte. Schon im April reagierte Trump wütend, dass ihm jemand die Show stahl. Am Freitag machte er Ernst. Im „beiderseitigen Einverständnis“ werde Bannon mit sofortiger Wirkung das Weiße Haus verlassen, lautete die Pressemitteilung.

Eine Woche nach der Eskalation in Charlottesville haben am Samstag in der US-Ostküstenmetropole Boston Zehntausende Menschen friedlich gegen Rassismus und Hass demonstriert.

Ihre Aktion richtete sich zugleich gegen eine deutlich kleinere Kundgebung für freie Meinungsäußerung, die zur selben Zeit stattfand. Die Gegendemonstranten sahen darin eine Veranstaltung zur Förderung rechtsextremer Standpunkte, was die Organisatoren bestritten.

Beide Aufzüge wurden von einem starken Polizeiaufgebot begleitet, um eine Wiederholung der Gewaltszenen von Charlottesville zu verhindern.

Lob kam von Präsident Donald Trump, der wegen relativierenden Äußerungen über die rechtsextremen Auswüchse von Charlottesville kritisiert worden war. "Ich möchte den vielen Protestierenden in Boston applaudieren, die ihre Stimme gegen Bigotterie und Hass erheben", schrieb er auf Twitter. (dpa)

Doch schon wenige Stunden später empfing „Breitbart News“ den geschassten White-House-Chefstrategen wie einen heimkehrenden Sieger zur Redaktionskonferenz. Bannon, der mit neuem Insider-Wissen zurückkehrt, sagte: „Ich bin jetzt frei. Habe meine Hände an meinen Waffen.“

Ein Jahr und einen Tag lang hat das Idyll zwischen Trump und Bannon gehalten. Am 17. August 2016 wechselte Bannon, ein Mann, der Chaos und Zerstörung predigt und der Krieg als unvermeidliches und heilsames Moment in der Geschichte versteht, von Breitbart News zur Trump-Kampagne über. Im Weißen Haus schneiderte Trump ihm eine Position nach Maß und machte ihn zum Entsetzen vieler zu einem Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates.

Bannon war mächtig, aber umstritten. Im April schmiss Trump ihn aus dem Nationalen Sicherheitsrat. Führende Republikaner, darunter Trumps Wirtschafts- und Militärberater, aber auch seine Familienangehörigen, drängten auf mehr. Trumps Schwiegersohn Jared Kushner sagte über Bannon: „Er verstärkt die dunkelsten Instinkte meines Schwiegervaters.“ Abgesehen davon stand Bannon in dem Verdacht, interne Informationen weiterzugeben. Ein Interview für das linke Medium American Prospect markiert das Ende seiner Karriere im Weißen Haus. Darin nannte er die fackeltragenden Neonazis von Charlottesville, unter denen Trump auch „sehr nette Leute“ sehen wollte, „Verlierer“ und einen „Haufen von Clowns“.

„Ich bin jetzt frei. Habe meine Hände an meinen Waffen“

Steve Bannon nach seiner Rückkehr zu „Breitbart News“

Jene unter Trumps Vertrauten, die Bannons Rausschmiss verlangten, hatten von seiner Arbeit profitiert: Er kam auf dem Tiefpunkt des Wahlkampfs zu Trump und riss das Ruder herum. Unter Bannons Anleitung beendete Trump vorübergehend seine erratischen Reden und begann, vom Teleprompter abzulesen. So schaffte er es, an jene republikanischen Wähler aus der Mitte heranzukommen, die er zum Wahlsieg brauchte.

Politisch ist es unwahrscheinlich, dass Trump seine Positionen ändert, weil Bannon weg ist. Trump hatte seinen nationalistischen und rassistischen Ton längst gefunden, bevor er Bannon überhaupt kennen gelernt hat. Vom Bau der Mauer über das Einreiseverbot für Muslime zu „Amerika zuerst“ – das Programm ist auf Trumps eigenem Mist gewachsen.

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