Umwelthilfe zieht vor Gericht: Mit Klagen zum Fahrverbot

Die Deutsche Umwelthilfe kündigt weitere Klagen an, um Fahrverbote durchzusetzen. 300.000 Dieselautos der Euro-5-Norm warten schon auf einen Käufer.

Ein Mann sitzt im Auto. Durch die Windschutzscheibe sieht man einen Stau vor ihm

Stau in Hamburg – auch in der Hansestadt kämpft die Umwelthilfe für bessere Luft Foto: dpa

BERLIN taz | Mit ihren Abgastests hat sie dabei geholfen, den Dieselskandal aufzudecken – und sie lässt auch jetzt nicht locker: Die Deutsche Umwelthilfe will für 45 weitere Städte juristische Verfahren einleiten, damit die Grenzwerte für den Luftschadstoff Stickstoffdioxid eingehalten werden. Das kündigte die Umweltorganisation am Donnerstag an und präzisierte damit ihre bereits in der vergangenen Woche vorgestellten Pläne. Die für die Luftreinhaltung zuständigen Behörden sollen aufgefordert werden, verbindlich wirksame Maßnahmen wie Diesel-Fahrverbote zu erklären.

Zu den Bundesländern und Städten, die nun neu ins Visier der Umwelthilfe geraten, zählen unter anderem Hamburg, Schleswig-Holstein mit Kiel, Niedersachsen mit Hannover, Sachsen-Anhalt mit Halle (Saale) oder Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz). Die Organisation fordert saubere Luft bereits im Jahr 2018 für alle Städte, die aktuell die Stickstoffdioxid-Grenzwerte um 10 Prozent oder mehr überschreiten, sagte Resch. Derzeit liegen 61 Städte mindestens 10 Prozent über dem Grenzwert. Dieser Wert beträgt im Außenluftbereich 40 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Die Umwelthilfe klagt bereits in 16 Fällen vor Gericht. Für Düsseldorf, München und Stuttgart hat die Organisation Gerichtsentscheidungen erwirkt, die Diesel-Fahrverbote ab 2018 als einzige wirksame Maßnahmen bewerten, damit die Grenzwerte eingehalten werden. Auch das Bundesumweltamt warnt, dass die Anfang August auf dem Dieselgipfel zwischen Industrie und Politik vereinbarten Maßnahmen die Stickoxidbelastung allenfalls um bis zu 6 Prozent reduzieren werde.

Die Autoindustrie lehnt Fahrverbote vehement ab. Die Stickoxidemissionen des Straßenverkehrs seien von 1990 bis 2015 um rund 70 Prozent zurückgegangen, argumentiert sie. Eine Ursache dafür dürften die Lkws und Fernbusse sein, bei denen – ganz im Unterschied zu vielen manipulierten Diesel-Pkws – die Abgasreinigung funktioniert. Solche Abgasreinigungssysteme überall einzubauen, weigert sich die Industrie. Dies sei vielfach technisch nicht umsetzbar, weil der Platz im Fahrzeug fehle.

300.000 Dieselautos auf Halde

Die drohenden Fahrverbote haben bereits ökonomische Folgen. Allein 300.000 Diesel-Pkws mit der Euro-5-Norm stehen bei Vertragshändlern in Deutschland auf den Höfen, ergab eine Hochrechnung des Zentralverbands des Kraftfahrzeuggewerbes. Bei einem Durchschnittspreis von 15.000 Euro bildeten diese Autos aktuell einen Gesamtwert von rund 4,5 Milliarden Euro ab. „Diese Fahrzeuge sind im Moment schwer verkäuflich, weil die Kunden verunsichert sind“, sagte Verbandsvize Thomas Peckruhn. „Wir brauchen klare Signale der Politik, wie es weitergeht.“

Die Industrie lehnt den Einbau wirk­samer Abgasreinigungssysteme ab

Auch der Verkauf neuer Dieselfahrzeuge könnte nach einer Warnung Barbara Hendricks (SPD) weiter ins Stocken geraten. Die Bundesumweltministerin hatte am Mittwoch vor dem Kauf neuer Euro-6-Modelle gewarnt, weil diese ihre Grenzwerte meist nur im Labor einhalten würden. Die schärfere Euro-6d-Norm tritt aber erst zum 1. Januar 2018 in Kraft.

Ein Signal sandte Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth (SPD) aus: „Alle unsere Bemühungen sind darauf gerichtet, dass wir Fahrverbote vermeiden.“ Auch der Bereich öffentlicher Fahrzeugflotten habe ein großes Potenzial, den Schadstoffausstoß zu reduzieren, da Busse und Taxis dauerhaft in den Innenstädten unterwegs seien.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.