„Regenschirm-Proteste“ in Hongkong: Aktivisten zu Haftstrafe verurteilt

Vor drei Jahren legten Demonstranten mit friedlichen Protesten Hongkong lahm. Jetzt müssen die Anführer der Bewegung ins Gefängnis. Menschenrechtler sind entsetzt.

Die Sudenten Lester Shum, Nathan Law und Alex Chow umarmen sich vor dem Gericht

Zuerst Sozialstunden, jetzt Haftstrafe Foto: reuters

PEKING dpa | Der junge Hongkonger Aktivist Joshua Wong ist für seine Beteiligung an den prodemokratischen Demonstrationen vor knapp drei Jahren zu einer sechsmonatigen Haftstrafe verurteilt worden. Ein Gericht in Hongkong verurteilte am Donnerstag außerdem zwei Mitstreiter des 20-Jährigen: Nathan Law muss für acht Monate ins Gefängnis, Alex Chow erhielt eine siebenmonatige Haftstrafe. Alle drei waren im vergangenen Jahr wegen „illegaler Versammlungen“ zunächst zu Sozialstunden verurteilt worden. Nachdem die Anklage in Berufung gegangen war, wurde das Strafmaß nun erhöht.

Die Studentenführer waren am 26. September 2014 über einen Zaun in den Vorhof des Hongkonger Regierungssitzes geklettert und wurden deswegen nun verurteilt. Später folgten weitere Demonstrationen, die wichtige Teile der asiatischen Wirtschaftsmetropole mehr als zwei Monate lahmlegten.

Die „Regenschirm-Proteste“, die weltweit für Schlagzeilen sorgten, waren die größte Herausforderung für Chinas kommunistische Führung in der früheren britischen Kronkolonie seit deren Rückgabe 1997. Die Proteste hatten sich an Beschlüssen Pekings entzündet, 2017 zwar erstmals eine direkte Wahl in Hongkong zu erlauben, den Wählern aber eine freie Nominierung der Kandidaten zu verweigern.

„Sie können unsere Proteste zum Schweigen bringen, uns aus dem Parlament entfernen und uns einsperren. Aber sie werden nicht die Herzen und Köpfe der Hongkonger gewinnen“, schrieb Wong nach dem Urteil auf Twitter und forderte seine Anhänger dazu auf, nicht aufzugeben.

Menschenrechtler kritisierten das Urteil gegen Wong und seine Mitstreiter scharf. Es handele sich um einen „rachsüchtigen Angriff“, sagte Mabel Au, Direktor vor Amnesty International in Hongkong. Die Verfolgung von prominenten Demokratieaktivisten durch die Behörden müsse beendet werden.

Bereits am Dienstag waren in einem ähnlichen Verfahren 13 Aktivisten zu Haftstrafen verurteilt worden, obwohl ihr ursprüngliches Strafmaß nur Sozialstunden vorgesehen hatte. US-Senator Marco Rubio bezeichnete die Urteile in einer Stellungnahme als „einen Versuch, die nächste Generation von Hongkongs prodemokratischer Bewegung zu zermalmen“.

„Ein Land, zwei Systeme“

Seit dem 1. Juli 1997 gehört Hongkong wieder zu China, wird aber nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ regiert. Diese Vereinbarung sieht eigentlich vor, dass die mehr als sieben Millionen Hongkonger für 50 Jahre bis 2047 „ein hohes Maß an Autonomie“ und viele Freiheiten genießen.

Doch Beobachter warnten zuletzt immer wieder, dass Peking zunehmend versuche, die Kontrolle an sich zu ziehen. So berichteten Journalisten von wirtschaftlichem Druck seitens zahlungskräftiger Anzeigenkunden aus der Volksrepublik. Akademiker beklagten politische Einflussnahme bei Stellenbesetzungen.

Für zusätzliche Verunsicherung sorgte auch eine ungewöhnlich scharfe Rede von Chinas Präsident Xi Jinping, die er im Juli anlässlich des 20. Jahrestages der Rückgabe Hongkongs an China hielt. Darin warnte er in Anspielung auf pekingkritische Proteste vor einer „roten Linie“. Die Sicherheitsgesetze der Stadt müssten gestärkt werden. Zudem forderte der Präsident eine „patriotische Erziehung“ für Hongkonger.

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