Anti-AfD-Party in Bremen: Rechts in bunter Nachbarschaft

In der Bremer Falkenstraße wollen Nachbarn der AfD keine Ruhe gönnen. Am Sonntag ist ein Straßenfest. Auch andere mobilisieren gegen die Rechtspopulisten

Die AfD will trotz „Linksterror“ in der Bremer Falkenstraße bleiben Foto: Jean-Philipp Baeck

BREMEN taz | Jürgen Hauschild steht vor der zerborstenen Scheibe des Ladenlokals und wartet. Hier, in der Falkenstraße 24, hat die AfD seit dem Sommer ein Büro. Doch in der Nachbarschaft regte sich Protest. Seit Unbekannte die Scheiben einwarfen, ist in den Räumen nicht mehr viel los. Dennoch haben Nachbarn um den Bundestags-Kandidaten Sebastian Rave (Die Linke) am Sonntag ein Sommerfest gegen die AfD organisiert.

Auch andere mobilisieren: Eine Woche vor der Bundestagswahl wollen etwa die Organisatoren der „Bremer Erklärung“ diese in Briefkästen verteilen. Mittlerweile über 1.800 Unterzeichner stellen sich damit gegen den Einzug der AfD in den Bundestag, weil sie “offen rechtsradikale Positionen“ vertrete.

Hauschild, kariertes Hemd, Birkenstocksandalen, schwarze Socken, will in der Falkenstraße nur Wahlplakate abholen. Er sitzt für die AfD im Beirat Neustadt, war früher bei der SPD, in der Gewerkschaft und „35 Jahre im Justizdienst“. Hier im Quartier wolle man bunt sein, sagt er und schimpft: „Zu bunt gehören auch andere Farben“. Er meint das Blau der AfD.

„Ostphänomen“ Höcke

„Antifanten“, wie Hauschild all jene nennt, die ihnen das Leben schwer machen, das seien „Antidemokraten“. Denn die AfD sei gar nicht rechts. Nur eine „schlechte Wortwahl“ sei etwa die jüngste Aussage des AfD-Bundesvorsitzenden Gauland, der die Integrationsbeauftragte Özoguz „in Anatolien entsorgen“ möchte.

Und Hassredner Björn Höcke? „Ein Ostphänomen“. Der AfD-Abgeordnete Alexander Tassis, der in der Bürgerschaft hetzt? Sei dafür „schließlich gewählt“, sagt Hauschild. Inhaltlich will er dennoch mit seinen Parteikameraden „nichts“ gemein haben: „Ich mache nur meinen Wahlkampf links der Weser“, sagt er. Nur deshalb warte er hier auf Robert Teske.

Der kommt ein paar Minuten später. Teske ist Vorsitzender der „Jungen Alternativen“ in Bremen und fällt, wie zuletzt mit AfD-Landeschef Frank Magnitz beim Auftritt von Kanzlerin Merkel auf dem Marktplatz, durch seine Nähe zur rechtsextremen „Identitären Bewegung“ (IB) auf.

Nebenan ist ein Afro-Shop

„Die pissen uns hier vor die Tür und spucken sie an“, sagt Teske, als er in der Falkenstraße aufschließt. Veranstaltungen würden hier so schnell nicht mehr laufen. „Unsere Mitglieder trauen sich ja gar nicht mehr her“, sagt er.

Nebenan ist ein Afro-Shop. Es sei nicht in Ordnung, der AfD die Scheiben einzuschlagen, sagt der Besitzer. Die Partei sei nicht verboten. Und: „Nationalismus und Ausländerfeindlichkeit gibt es auch bei anderen“. Vor 25 Jahren kam der Supermarktbetreiber aus dem Kongo. Am Sonntag will er auf das Straßenfest gehen.

Sorge vor Problemen mit seiner Hausverwaltung, der Firma von AfD-Chef Magnitz, hat er nicht. Gegen die AfD zu demonstrieren gehöre schließlich zur Meinungsfreiheit.

Teil der Demokratie

So sieht das auch Sebastian Rave. Er sitzt ein paar Häuser weiter im Garten seiner WG. Der AfD einen Raum zu verbieten, während er als Direktkandidat der Linken im Bundestags-Wahlkampf ist? „Wir wollen nichts verbieten, aber deutlich machen, dass wir sie hier und anderswo nicht wollen“, sagt er. Das sei Teil der Demokratie. „Die AfD ist keine Partei wie jede andere“, und wenn sie in der Nachbarschaft rassistische Veranstaltungen plane, engagiere er sich.

Waltraut Wulff-Schwarz stimmt ihm zu. Seit einem Jahr wohne sie in der Gegend. „Dass die AfD hier in dieser Multikulti-Gegend ist, ist eine Provokation“, sagt sie. Deshalb hat auch sie das Fest mitgeplant. Für 150 Leute ist es angemeldet, Hip Hop-Acts und Trommler sollen auftreten.

Straßenfest „Bunt statt rechts“, So., 3.9., ab 15 Uhr, Falkenstraße / Ecke Ellhornstraße, Bremen

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