Verbot von linksunten.indymedia.org: Waffen, Waffen, Waffen

Für das Linksunten-Verbot spielt es keine zentrale Rolle, ob die Betreiber selbst Waffen besitzen. Für die öffentliche Wahrnehmung schon.

Schlagstöcke, Messer und andere Waffen

Dieses Foto beschlagnahmter Gegenstände verbreiteten LKA und Bundesinnenministerium Foto: LKA BW

BERLIN taz Die Waffen waren dem Innenminister wichtig. Am Freitag verkündete Thomas de Maizière auf einer Pressekonferenz das Verbot der Internetplattform linksunten.indymedia.org, schon im vierten Satz kam er auf die Funde zu sprechen: Bei Durchsuchungen in Baden-Württemberg habe die Polizei „Messer, Schlagstöcke, Rohre, Zwillen, Teleskopschlagstöcke, Butterfly-Messer“ beschlagnahmt – alles „typische Gegenstände, die wir aus dem gewaltbereiten Linksextremismus kennen“.

Seit dem Wochenende sorgt diese Aussage für Ärger. Der Grund: Ob es einen direkten Zusammenhang zwischen den Waffen und den Linksunten-Betreibern gibt, ist vollkommen offen. Zum Fundort gibt es nämlich widersprüchliche Angaben.

Wo hat die Polizei Durchsuchungen durchgeführt?

Die baden-württembergische Polizei hat am Freitag sowohl die Wohnungen der mutmaßlichen Linksunten-Betreiber als auch das autonome Zentrum KTS in Freiburg durchsucht. Das Zentrum wird von über einem Dutzend linker Gruppen genutzt, mehrmals fanden dort auch Linksunten-Workshops und -Solipartys statt.

Warum ist es wichtig, wo die Polizei die Waffen gefunden hat?

Die Frage ist, ob die Waffen eindeutig den Linksunten-Betreibern zugeordnet werden können oder nicht. Befanden sie sich in der KTS, könnten sie allen möglichen Gruppen und Personen gehören, die das Zentrum nutzen. Für das vereinsrechtliche Verbot von Linksunten spielt es zwar keine zentrale Rolle, ob die Betreiber selbst Waffen besitzen. Für die öffentliche Wahrnehmung aber schon: Indymedia mit Waffen wirkt noch gefährlicher als Indymedia ohne Waffen. Außerdem liegt strafrechtlich bisher nichts gegen die Betreiber vor – das würde sich ändern, wenn sie verbotene Waffen horteten.

Sind die Waffen denn verboten?

Zumindest nicht alle. Auf einem Foto des Landeskriminalamts Baden-Württemberg sind vor allem Gegenstände zu sehen, deren Besitz erlaubt ist: Schlagstöcke, Quarzhandschuhe, normale Steinschleudern. Daneben liegen aber auch Gegenstände, deren Besitz verboten sein könnte: Butterfly-Messer (verboten ab einer gewissen Klingengröße), ein Elektroschocker (zulässig, wenn mit einem bestimmten Prüfsiegel versehen) und eine Steinschleuder mit Armstütze (laut Waffengesetz verboten).

Was hat der Innenminister zum Fundort der Waffen gesagt?

De Maizière selbst sprach von Funden in „mehreren Objekten, die mit dem Betrieb der Plattform und dem Betreiberkreis in unmittelbaren Zusammenhang stehen“. Das Innenministerium bebilderte auf seiner Homepage einen Artikel zum Linksunten-Verbot mit dem Waffenfoto des Landeskriminalamts, schrieb den Fundort aber nicht dazu. Im Gespräch mit Journalisten streute das Ministerium die Information, dass die Gegenstände sowohl in der KTS als auch im Keller einer Privatwohnung gefunden worden seien.

Warum gibt es jetzt Zweifel an dieser Behauptung?

Ein Autor der Internetseite Netzpolitik.org fragte das Innenministerium am Wochenende mehrmals nach dem Fundort der Waffen. Eine Pressesprecherin habe ihm schließlich am Telefon mitgeteilt, „dass sämtliche Funde nicht in Privatwohnungen, sondern im Freiburger autonomen Kulturzentrum KTS gemacht worden“ seien.

Lässt sich diese Aussage verifizieren?

Dem Innenminister waren die Waffen am Freitag zwar wichtig, sein Haus fühlt sich jetzt aber nicht mehr zuständig. Auf taz-Anfrage teilte das Ministerium mit: „Die Waffenfunde sind Zufallsfunde, die eine nachgeordnete Rolle spielen und deren Bewertung nun Sache der Strafverfolgungsbehörden ist.“

Ein Sprecher des Landeskriminalamts in Stuttgart dagegen bestätigte am Montag die ursprüngliche Aussage aus dem Innenministerium: Der Großteil der Waffen stamme aus der KTS, ein kleinerer Teil aber auch aus der Wohnung eines mutmaßlichen Indymedia-Betreibers. Um welche und wie viele Waffen es dabei genau geht, sagte er auf Nachfrage nicht. Die strafrechtlichen Folgen seien noch offen.

Ein Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft Karlsruhe sagte schließlich, dort sei „kein Vorgang bezüglich eines Verstoßes gegen das Waffengesetz anhängig“. Zumindest bislang – das könne sich aber noch ändern.

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