Frischer Zauber

KURZFILMBiertrinker am Imbiss und mehr: Werke der „Kölner Gruppe“ laufen im Zeughauskino

Sie kennen die „Kölner Gruppe“ nicht? Namen wie Bernhard Marsch, Rainer Knepperges, Piet Fuchs, Achim Bitzer, Markus Mischkowski, Jukka Schmidt oder Thomas Hermel sagen Ihnen nichts? Sie haben nie von Filmen wie „Leben und Werk“, „Ikarus“, „Westend“, „Junge Hunde“, „Der Servantilist“, „Halleluja“ oder „8 Essen III“ gehört?

Macht nichts. Auch auf mich traf das bis 1997 zu. Um so unvorbelasteter konnte ich mich dem Zauber dieser und vieler anderer kleiner Filme hingeben, die die Gruppe nun zusammen mit neueren präsentiert. Damals tat die fieberhafte Erregung im vollen Kinosaal infolge des Unterstroms von Beziehungen zwischen den meist jugendlichen Besuchern ein Übriges, um die allmählich in Verfall geratende Munterkeit bei Filmveranstaltungen wieder aufzufrischen.

Man muss die Untauglichkeit der Sprache bedauern, ein genaues Bild dieser sich in der Freiheit des Witzes und in der schützenden Unverbindlichkeit der Kunst bewegenden Filme und Filmchen zu geben. Sie haben eben, wie die Musik, gegenüber der Eindeutigkeit des geschriebenen Wortes ein für alle Mal den Vorteil, gleichzeitig nichts und alles sagen zu können. Was bleibt mir also anderes übrig, als zu versuchen, das Gesehene und Gehörte durch das Gefühl zu kennzeichnen, das es in mir erregte?

Vor allem sprach mich das unmittelbar Persönliche dieser kleinen Meisterwerke an, das überhaupt nur in vagen Umrissen, ganz gefühls-­ und ahnungsweise begriffen und gewertet werden kann. Wenn je das Wort „sympathisch“ unentbehrlich gewesen ist zur Kennzeichnung von Personen, dann für die der oben genannten Filme, wobei Personen und Filme, Natur und Kunst, Dokument und Fiktion ineinander übergehen und eins werden. Zwei Biertrinker, die an einer Imbissbude die Zeit totschlagen und mit geliehenem Auto eine Spritztour ins Kölner Umland machen; ein ausschließlich in Bedienungen verliebter Junge, der diese sonderbare Vorliebe mit der noch merkwürdigeren für ein bestimmtes Markengetränk („Jägermeister“) teilt; ein Sommertag im Freibad mit Turmspringen der „Kölner Gruppe“; ein listiges Hippie-Pärchen auf dem Weg nach Puna; ein Bibliotheksbenutzer, der seine Zeit zu Hause damit verbringt, in den Büchern zu unterstreichen, Randbemerkungen zu machen und schließlich auch die Schere walten zu lassen.

In der Mensa rumsitzen

Dann jene Studenten fortgeschrittenen Semesters, die in der Mensa rumsitzen und zunächst durchaus ernsthaft, am Ende jedoch vollkommen abgehoben über Frauen in Ost und West diskutieren: All diese liebenswerten Zeitgenossen riefen bei Zuschauern ein Vergnügen hervor, in dem Amüsiertheit, Erstaunen und tiefschauende Träumerei sich mischten. Immer wieder – wie bei der Nouvelle Vague und ihrem Pendant, der Neuen Münchner Gruppe –, ging es um Liebesdinge, um Flirts in den Filmen der Kölner. Aber auch in einem übertragenen, gesteigerten Sinne möchte ich von einer Flirtnatur bei ihnen, diesen unverbrauchten jungen Filmemachern, sprechen. Ich nenne sie erquicklich, diese ihnen in Fleisch und Blut übergegangene Leichtigkeit, denn für die Zeit dieses Abends, den die Kölner den Filmfreunden schenkten, flößten sie ihnen das Gefühl ein, dass man das Leben ganz unnötig schwer nähme. „Aber warum denn nicht?“, schienen sie zu sagen, „Was denn weiter? Hat nichts zu sagen! Seien wir vergnügt!“ Unwillkürlich gibt man sich Mühe, auch in der Zeit danach, ihnen in dieser Gesinnung zu folgen. Peter Nau

Bis 19. September, Zeughauskino; der Autor spricht zur Einführung, heute Abend 20 Uhr