Autoverkäufer zum Abgasbetrug: „Alles Gehirnwäsche!“

Wir machen den Test: Was raten VerkäuferInnen potenziellen AutokäuferInnen? Und was halten sie vom Dieselskandal?

Ein VW-Logo inmitten eines auseinandergebauten Motors

VW ist voll sauber – zumindest laut Verkäufern Foto: dpa

BERLIN taz | Ein neues Auto soll es sein: günstig, geringer Verbrauch und einigermaßen umweltfreundlich. Wir suchen einen Alleskönner: Einmal im Monat möchten wir von Berlin nach München, an Wochenenden Ausflüge in die nähere Umgebung und in der Innenstadt soll der Wagen natürlich auch fahren dürfen. Eine schwere Wahl in Zeiten des Abgasskandals und drohender Fahrverbote in luftverschmutzten Städten. Fürs E-Auto fehlt das Geld, der Benziner verbraucht zu viel. Aber ein Diesel – der geht ja wohl gar nicht mehr, oder?

„Doch, selbstverständlich“, sagt der Verkäufer im Autohaus von Renault. Er empfiehlt einen Diesel, der laut ADAC-Test die Stickstoff-Grenzwerte der Euro-6-Norm um das Neunfache überschreitet. Der Verkäufer, sonst überzeugter Leser von Autozeitschriften, hält deren Studien aber für Quatsch: „Die verwirren die Käufer nur.“

Offiziell hat der Wagen Euro-6-Norm, ist also überall zugelassen. Der Rat des Verkäufers: „Je weniger man über kleinteilige Hintergründe weiß, desto besser.“ Und was ist mit zukünftig drohenden Fahrverboten? Können wir womöglich nächstes Jahr mit dem Diesel nicht mehr in die Innenstadt fahren? Da sieht der Verkäufer keine Gefahr: „Selbstverständlich können Sie das.“ Der Dieselskandal? „Alles Gehirnwäsche!“ Zu Wahlkampfzwecken, meint er: „Nach der Wahl ist das vorbei.“

Nächste Station, ein Autohaus von VW. Die Vorreiter im Abgasbetrug geben sich mittlerweile umweltfreundlicher: Wer seinen alten Diesel verschrotten lässt, bekommt eine „Umweltprämie“. Bei VW empfiehlt man einen Golf mit Dieselmotor. Der sei auf langen Strecken effizienter. An Fahrverbote glaubt der Verkäufer auch hier nicht. Und Stickoxide? Der Verkäufer schüttelt den Kopf: „Kreuzfahrtschiffe stoßen noch viel mehr aus.“

Vor der Tür erzählen uns ein Pfarrer und seine Frau, dass sie die Prämie nutzen, um ihren alten Diesel gegen einen Benziner einzutauschen. Das sei sicherer für die Zukunft. Eine ältere Frau möchte gleich in ein Elektroauto investieren, weil sie umweltbewusster fahren möchte.

In einem Ausstellungshaus von VW wollen wir eine zweite Meinung zum Diesel einzuholen: „Klar erfüllen die alle die Norm“, sagt die Dame am Empfang und weist auf einen Prospekt hin, der die Modelle als Klimawunder preist. Doch die Mitarbeiterin schränkt ein: „Aber das wusste bei den letzten ja auch keiner, dass die Betrugsautos sind.“ Also doch keinen Diesel? Sie zuckt die Schultern. Im Moment sei jedenfalls nicht die beste Zeit – wer wisse schon, was noch für Fahrverbote kämen. Und ein E-Auto? „Für weite Strecken? Können Sie vergessen!“ Sie legt uns zum Abschied Carsharing ans Herz.

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