Prozess gegen Brasiliens Präsidenten: Das Parlament muss entscheiden

Das Korruptionsverfahren gegen Brasiliens Präsident Michel Temer kommt voran. Das Parlament muss nun über seine Immunität entscheiden.

Michel Temer gestikuliert

Klappt die Immunitätsaufhebung diesmal? Brasiliens Präsident Temer Foto: reuters

RIO DE JANEIRO epd | Der brasilianische Präsident Michel Temer gerät wegen Korruptionsvorwürfen immer mehr unter Druck. Das Oberste Gericht entschied am Mittwoch mehrheitlich, eine Klage der Generalstaatsanwaltschaft an das Parlament weiterzuleiten. Dieses muss nun darüber abstimmen, ob es dem Staatsoberhaupt die Immunität entzieht.

Temer wird Behinderung der Justiz und die Bildung einer kriminellen Vereinigung zur Akquise von Schmiergeld vorgeworfen. Die Verteidigung des Präsidenten hatte beantragt, das Verfahren ruhen zu lassen, bis eine rechtliche Prüfung von belastenden Kronzeugenaussagen abgeschlossen ist.

Für die Eröffnung eines Strafprozesses und damit einer vorläufigen Entfernung aus dem höchsten Staatsamt ist eine Zweidrittelmehrheit im Parlament notwendig. Mit einer Entscheidung wird noch im Oktober gerechnet, wie die Zeitung O Globo in ihrer Onlineausgabe berichtete. Im August hatte eine Mehrheit der Abgeordneten die Einleitung eines Verfahrens gegen Temer nach einer ersten Korruptionsklage der Staatsanwaltschaft abgelehnt.

Der Präsident ist laut Anklageschrift der Kopf des Komplotts. Insgesamt sollen er und weitere Führungspolitiker der regierenden Partei PMDB in den letzten 15 Jahren umgerechnet über 150 Millionen Euro Bestechungsgeld von Unternehmen gegen politische Gefälligkeiten kassiert haben. Temer weist alle Vorwürfe von sich.

Mehrere Kronzeugen sind festgenommen

Grundlage des Verdachts gegen Temer sind Kronzeugenaussagen von Unternehmern und Audiomitschnitte, die den Präsidenten mit dem Korruptionsskandal um den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras in Verbindung bringen. Mehrere wichtige Kronzeugen sind inzwischen allerdings festgenommen worden, da sie sich gegenüber den Behörden in Widersprüche verstrickten.

Der frühere Vizepräsident Temer war Mitte vergangenen Jahres nach einem umstrittenen Amtsenthebungsverfahren gegen das damalige Staatsoberhaupt Dilma Rousseff an die Macht gekommen. Er verordnete Brasilien einen abrupten Rechtsruck und versucht, eine schwere Wirtschaftskrise mit strikter Sparpolitik zu bekämpfen. Seine Beliebtheit liegt laut Meinungsumfragen nur noch im einstelligen Bereich.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.