Canan Bayram über ihr Direktmandat: „Mein Nein zu Jamaika steht“

Canan Bayram hat das grüne Direktmandat in Kreuzberg verteidigt. Falls eine Jamaika-Koalition kommt, sieht sie ihre Partei vor einer Zerreißprobe.

Canan Bayram

„Die nächsten Wochen werden eine echte Zerreißprobe für uns“: Canan Bayram Foto: dpa

taz: Frau Bayram, gegen drei Uhr morgens war es amtlich: Sie haben den Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost knapp gegen den Linken-Kandidaten Pascal Meiser verteidigt und treten damit die Nachfolge des Grünen-Übervaters Hans-Christian Ströbele an. Wir nehmen an, Sie sind zufrieden?

Canan Bayram: Ja, klar. Natürlich bin ich sehr froh darüber, dass es uns gelungen ist, als Grüne den Wahlkreis zu verteidigen. Das war das erste Gefühl gestern Nacht. Dann kam aber auch gleich der Gedanke, dass es wirklich schlimm ist, dass die AfD drin ist im Bundestag, und vor allem so stark. Da wartet sehr viel Arbeit auf uns. Auch im Hinblick auf die Koalitionen, die jetzt im Raum stehen.

51, war seit 2006 Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, anfangs noch für die SPD. Im Jahr 2009 trat sie zu den Grünen über. Am Sonntagabend gewann sie den Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg-Ost.

Eine Koalition aus CDU, FDP und Grüne wird als wahrscheinlichste Option gehandelt. Sie haben am Sonntagabend erneut bekräftigt, dass Sie einer Jamaika-Regierung Ihre Stimme im Bundestag verweigern werden. Sie bleiben dabei?

Natürlich. Mein Nein zu Jamaika steht. Ich hatte auch bereits heute Morgen viele Reaktionen aus meiner Partei, die sagen: Bitte keine Regierung mit der CDU und der FDP. Die nächsten Wochen werden eine echte Zerreißprobe für uns.

Sie haben im Wahlkreis 26,3 Prozent der Erststimmen geholt, Ihr Vorgänger Ströbele kam auf Zustimmungswerte von bis zu 40 Prozent.

Die Grünen-Direktkandidatin Canan Bayram hat den Berliner Wahlkreis 83 Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost mit 26,3 Prozent gewonnen. Pascal Meiser (Linke) bekam 24,9 Prozent der Stimmen, Cansel Kiziltepe (SPD) 16,9 Prozent. Die Grünen gewinnen in Kreuzberg seit 2002 ihr bislang einziges Direktmandat im Bund.

Die Linke wurde im Wahlkreis stärkste Kraft bei den Zweitstimmen und bekam 28,6 Prozent vor den Grünen mit 20,4 Prozent und der SPD mit 15,9 Prozent. Im Vergleich zu der letzten Bundestagswahl legte die Linke um 3,5 Prozentpunkte zu. Die Grünen und die CDU verloren leicht (-0,3 und -1,5 Prozentpunkte), die SPD deutlich (-8,1 Prozentpunkte). (akl)

Mein primäres Ziel war, den Wahlkreis zu verteidigen. Natürlich hatte Ströbele ganz andere Bekanntheitswerte als ich. Zudem waren die Umstände im Wahlkampf nicht immer einfach.

Sie meinen die Angriffe aus den eigenen Reihen? Volker Ratzmann, Leiter der Landesgeschäftsstelle in Baden-Württemberg, hatte Sie vor allem im Hinblick auf Ihre linke Mietenpolitik als „nicht wählbar“ bezeichnet.

Naja, man sieht ja mit Blick auf das Zweitstimmenergebnis für die Grünen in Kreuzberg, wo wir klar hinter der Linken liegen: Die realpolitischen Freunde und Freundinnen kamen auch nicht so super an. Ich konnte deutlich machen, dass ich eine eigenständige, streitbare Stimme für Kreuzberg bin…

…viele Grüne sagen: Sie sind ein wenig zu eigenständig, Sie vertreten eigentlich vor allem sich selbst…

…und dass ich diese Stimme für die Grünen nun im Bundestag vertreten will.

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