AKW-Beihilfe – clever oder rechtswidrig?

Österreich klagt gegen die Genehmigung von Milliarden-Beihilfen für den britischen Atommeiler Hinkley Point C

Ob sich in Hinkley Point C die Räder drehen – wie hier beim Reaktor B – ist weiter offen Foto: Suzanne Plunkett/reuters

Aus Luxemburg Christian Rath

Darf Großbritanien das neue AKW Hinkley Point C mit Mil­liarden subventionieren? Darüber hat an diesem Donnerstag das Europäische Gericht in Luxemburg verhandelt, die erste Instanz des Europäischen Gerichtshofs.

Hinkley Point C soll mit zwei Reaktoren und 3,3 Gigawatt Leistung insgesamt 7 Prozent des britischen Strombedarfs decken. Es soll Atom- und Kohlekraftwerke ersetzen, die in den nächsten Jahren altersbedingt oder aus Klimaschutzgründen vom Netz gehen. Die Fertigstellung von Hinkley Point C ist derzeit für 2027 geplant.

Der Betreiber, ein französisch-chinesisches Konsortium, übernahm den Auftrag aber nur, weil die britische Regierung großzügige Subventionen versprach. So wurde auf 35 Jahre eine Vergütung von 92,25 Euro pro Megawattstunde garantiert. Die Differenz zum Marktpreis, der etwa bei der Hälfte liegt, zahlt dann der Staat. Hinzu kommen Bankbürgschaften und eine Garantie für Verluste im Falle eines britischen Atomausstiegs.

Die EU-Kommission hat 2014 diese Mega-Beihilfe im Wert von 21 Milliarden Euro genehmigt. Gegen diese Genehmigung klagte Österreich, ein Staat, bei dem der Verzicht auf Atomkraft zur Staatsräson gehört. Beim EuGH ging es ausschließlich um Beihilferecht.

Österreich hält vor allem die Garantie einer weit überhöhten Einspeisevergütung für unzulässig. „Das ist eine rechtswidrige Betriebsbeihilfe“, sagte eine Vertreterin. Der Staat dürfe nicht den Wettbewerb verzerren, indem er nicht lebensfähige Unternehmen unterstützt.

Aus britischer Sicht ist die Strompreisgarantie jedoch keine Betriebsbeihilfe, sondern eine besonders clevere Investitionsbeihilfe. Ziel sei, dass das AKW gebaut wird. Man warte aber mit den Zuschüssen, bis es Strom liefert. Das Risiko für ein Scheitern beim Bau trage damit der Hersteller.

Die EU-Kommission betonte, dass Großbritannien das Recht habe, selbst über seine Energieversorgung zu entscheiden. Und wenn es keine Hersteller gebe, die ein AKW ohne Subventionen bauen, dann dürfe Großbritannien auch Subventionen zahlen. Die Förderung der Atomkraft sei ein Ziel von „gemeinsamem Interesse“, was sich schon aus dem Euratom-Vertrag von 1957 ergebe, den alle EU-Staaten unterzeichnet haben.

„Nur weil wir andere Optionen haben, sind wir nicht verpflichtet, diese zu nutzen“

Österreich hielt vor dem Gericht dagegen: „Auch die Förderung der Kernkraft kann keine Betriebsbeihilfen für AKW rechtfertigen.“ Schließlich könnten die britischen Ziele Klimaschutz und Versorgungssicherheit auch auf anderem Wege, zum Beispiel mit erneuerbaren Energien, erfüllt werden.

Der britische Vertreter erwiderte: „Nur weil wir andere Optionen haben, sind wir nicht verpflichtet, diese zu nutzen.“ Der Kommissionsvertreter brachte den Konflikt auf den Punkt: „Letztlich geht es darum, ob ein Staat selbst entscheiden kann, wie er seine Ziele erreichen will, oder ob dies den Marktkräften überlassen sein muss“.

Vor dem Europäischen Gericht wurde Österreich nur von Luxemburg unterstützt. Dagegen stritten auf der Seite von EU-Kommission und Großbritannien auch Frankreich, Ungarn, Tschechien, Polen, die Slowakei und Rumänien. Das Urteil wird in einigen Monaten verkündet.

Eine Klage des deutschen Ökostromanbieters Greenpeace Energy und deutscher Stadtwerker war Ende 2016 als unzulässig abgelehnt worden, weil die Unternehmen nicht speziell betroffen seien. Greenpeace Energy hat dagegen Rechtsmittel eingelegt. Österreich muss als EU-Mitgliedsstaat keine spezielle Betroffenheit nachweisen, um zu klagen.