Kommentar von Ulrike Herrmann zur Zukunft Kataloniens
: Die Macht der Währung

Katalonien ist nicht die einzige Provinz in Europa, die sich abspalten oder die Regeln verändern will. Aber die Sezession wird nicht stattfinden. Wie die Schotten oder Griechen werden auch die Katalanen davor zurückschrecken, den Status quo zu verändern. Zu groß ist die Angst, in einer neuen Währung zu landen. Die Schotten wollten im Pfund bleiben, die Griechen haben die Rückkehr zur Drachme gescheut – und auch die Katalanen werden keine eigenen Peseten drucken wollen.

Es wäre ein Missverständnis, zu glauben, dass Europa allein durch die EU zusammengehalten wird. Nein: Eine entscheidende Klammer sind die starken Währungen wie das Pfund oder der Euro.

Das Referendum der Schotten war ein eindrucksvolles Beispiel: Seit 2010 wurde über die Unabhängigkeit debattiert. Viele Fragen waren immer ungeklärt, etwa die Rentenzahlungen, aber derartige Unwägbarkeiten konnten die Begeisterung fürs Schottentum nicht dämpfen. Die Stimmung kippte erst, als der britische Finanzminister Osborne im Februar 2014 unmissverständlich deutlich machte, dass ein selbstständiges Schottland nicht im Pfund bleiben würde. Danach war der Sieg für das Neinlager sicher.

In Griechenland war die Lage anders, aber dennoch vergleichbar. In einem Referendum entschieden die Wähler im Sommer 2015, dass sie sich nicht mehr dem Diktat der Troika beugen wollten. Doch nur wenig später unterschrieb Premier Tsipras genau das: die totale Unterwerfung. Diese Kehrtwende haben die Bürger ihm aber nicht übel genommen, im Gegenteil. Tsipras wurde wieder an die Macht gewählt. Denn die Griechen verstanden sein Dilemma: Der Grexit erschien noch schlimmer als die Unterjochung durch Schäuble.

Das Kalkül der Schotten und Griechen war nachvollziehbar: Sie hatten Angst, dass ein schottisches Pfund oder die Drachme dramatisch abgewertet würden, dass also ihre Ersparnisse und Löhne deutlich an Wert verlören. Dieses Risiko erschien zu groß. Ähnliches dürfte für die Katalanen gelten.

Die Macht der starken Währung darf aber nicht missbraucht werden. Es wäre fatal, wenn Schotten, Katalanen oder Griechen einfach ignoriert würden, weil klar ist, dass sie notgedrungen bleiben. Politik ist nur dann legitim, wenn sie bereit zu Dialog und Kompromissen ist.