Skaterhalle in Berlin-Marzahn: Besetzung bringt Dinge ins Rollen

Jugendliche Skater in Marzahn haben sich durch eine Besetzung eine eigene Halle erkämpft. Der Bezirk blieb zuvor jahrelang tatenlos.

Halle von Außen

Bald öffnen wieder die Tore der Skaterhalle Marzahn Foto: Christian Mang

BERLIN taz | Durch die mit Neonröhren beleuchtete Halle mit ihrem kalten Betonboden schallt laute Hip-Hop-Musik. Übertönt wird sie nur von dem metallenen Dröhnen der Tretroller – Scooter genannt –, wenn sie nach Sprüngen über kleine Rampen und Hindernisse wieder landen. Unermüdlich rasen drei, vier Jungs durch den Parcours zwischen türkisfarbenen Deckenstützen.

Eigentlich dürften sie gar nicht hier sein, in dieser seit ihrem Bau 1989 leer stehenden Halle nahe dem S-Bahnhof Mehrower Allee in Marzahn. Nach Jahren ergebnisloser Bemühungen um eine Skater-, Roller- und BMX-Halle haben die Jugendlichen das Gebäude am vergangenen Freitag besetzt.

Am Dienstagnachmittag drehen sie vorerst ihre letzten Runden. Um 15 Uhr müssen sie draußen sein, so ist es mit Bezirkspolitikern abgesprochen. Eine Entscheidung über die Zukunft ist für den nächsten Tag versprochen. Streetworker Uwe Heide, der die Hallentür hinter sich schließt, sagt in die Runde der 12- bis 17-Jährigen: „Jungs, wir haben das hier schon stark nach vorne gebracht.“

Der 49-jährige Straßenso­zial­arbeiter von Gangway e. V. mit dem ergrauten Bart kümmert sich seit mehr als 20 Jahren um junge Skater im Bezirk. Genauso lange fehle ein winterfestes Angebot, das auch bei Nässe und Kälte nutzbar ist.

Banges Warten

Am Tag darauf müssen Heide und seine Jungs lange zittern. Nach einem Gespräch mit dem Bauamt folgen interne Beratungen der Bezirksverwaltung. Am Mittwochnachmittag dann die Nachricht: Die Skater dürfen bleiben, zunächst mit einer Duldung für sechs Monate; an einer langfristigen Lösung wird gearbeitet. Der Bezirk kümmert sich um den Brandschutz und Toiletten.

„Wir feiern hier wie blöde“, sagt Heide am Telefon. Sechs Jahre hätten sie sich um die Halle bemüht, extra den Verein „We roll Berlin“ gegründet, aber nach fünf Tagen Besetzung waren sie erfolgreich. „Dass wir nicht nach ihren Regeln gespielt haben, sondern unsere eigenen gemacht haben, hat sie zu einer konstruktiven Lösung gezwungen“, so Heide.

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Nach einer Woche der Vorbereitung gingen die Jugendlichen am Freitag in die Halle, bauten ihr Equipment auf. Ein Dutzend von ihnen, darunter der 17-jährige Marcel, blieb auch in den Nächten. Tagsüber waren bis zu 100 Fahrer da. Aufgefallen ist die Besetzung erst am Sonntag. „Polizisten haben alle unsere Personalien aufgenommen“, sagt Marcel. Ohne eine Intervention des Jugendstadtrats Gordon Lemm (SPD) hätte die Polizei die Jugendlichen womöglich herausgetragen.

Nun sagt die für Gebäude zuständige Stadträtin Juliane Witt (Linke): „Dank des besonnenen Agierens der Jugendlichen, die hier auch ein Stück Demokratie und das Erkämpfen eigener Räume erleben, konnte eine Räumung verhindert werden.“

Große Träume

Streetworker Heide erzählt voll Stolz, wie sich die Besetzer selbst organisiert hätten, mit „Mülltrennung und Rauchverbot“. Und Marcel sagt, wie wichtig die Halle für die vielen Fahrer im Bezirk ist. Die einzige überdachte Halle in Berlin, im RAW-Gelände, sei ausschließlich für Skater offen und koste sechs Euro: „Das mit dem Eintritt ist verrückt“, sagt Marcel, „hier gibt es viele, die haben nicht viel.“

Uwe Heide, Sozialarbeiter

„Wir haben sie zu einer konstruktiven Lösung gezwungen“

Aus dem Bezirk gab es schon lange verbale Unterstützung für das Projekt, positive Beschlüsse im Jugendausschuss und der Bezirksverordnetenversammlung. Doch es blieb bei Lippenbekenntnissen. „Die haben sich hinter ihren Paragrafen versteckt“, sagt Heide.

Doch das ist jetzt vergessen. „In der Halle kannst du die Träume in den Himmel wachsen lassen“, freut er sich. Mithilfe des Skateparks Mellowpark in Köpenick soll die Halle professionell eingerichtet werden. Heide träumt zudem vom zweiten Stockwerk, mit der sechs Meter hohen Decke. „Und irgendwann sind wir vielleicht Olympiastützpunkt.“

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