Sozialdemokratische Tristesse: Markige Worte in schwerer Zeit

Ob Schulz, Scholz oder Stegner: Die SPD-Spitze sucht mit der Abfassung vager Strategiepapiere einen Ausweg aus der tiefen Krise ihrer Partei.

Olaf Scholz und Martin Schulz

Vorwärts immer, rückwärts nimmer: Olaf Scholz und Martin Schulz suchen den Weg aus der Krise Foto: dpa

BERLIN taz | Rund einen Monat nach ihrem historischen Debakel bei der Bundestagswahl hat in der SPD die Auseinandersetzung um die künftige Ausrichtung und Aufstellung der Partei begonnen. Eine „fundamentale und tiefgreifende Erneuerung“ sei „unabdingbar“, schreibt SPD-Chef Martin Schulz in einem am Freitag veröffentlichten Beitrag für das sozialdemokratische Portal vorwärts.de. „Unser Neustart wird umfassend sein – organisatorisch, strukturell, strategisch“, kündigt er markig an.

Was das konkret bedeutet, da beschränkt sich Schulz derzeit allerdings noch auf vage Andeutungen: Er wolle, „dass sich an diesem Erneuerungsprozess so viele Menschen wie möglich beteiligen“. Die SPD solle „wieder zu einer Mitmachpartei, ja zu einer Bewegung“ werden. Programmatische Korrekturen schlägt Schulz nicht vor.

Ebenfalls am Freitag meldete sich SPD-Vize Olaf Scholz mit einem eigenen Strategiepapier zu Wort. Unter der Überschrift „Keine Ausflüchte! Neue Zukunftsfragen beantworten! Klare Grundsätze!“ fordert Hamburgs Bürgermeister darin von seiner Partei „eine schonungslose Betrachtung der Lage“.

Die SPD habe „strukturelle Probleme“, konstatiert Scholz. Deswegen führten auch Debatten darüber nicht weiter, „ob der Kanzlerkandidat falsch beraten war oder etwas falsch gemacht hat“. Vielmehr werde die Partei „seit längerem als zu taktisch wahrgenommen“ und ihre Reformvorstellungen „als nicht ernstgemeint angesehen“. Um eine solche Wahrnehmung zu überwinden, seien „Konsistenz und Stringenz in der eigenen Haltung und der eigenen Politik“ erforderlich. Die SPD müsse „für mutige Reformen stehen, die vernünftig sind und an deren Umsetzung man glauben kann“, formuliert Scholz.

Konkretes? Nein, Politprosa

Seine Kernbotschaft: Sozialdemokratische Politik müsse „dafür einstehen, dass Weltoffenheit und Offenheit für den technischen Fortschritt einerseits, sozialer Friede und gerechte Lebensverhältnisse andererseits vereinbar sind“.

Wenn es allerdings darum geht, wie sich seine Partei nun konkret zu verändern habe, belässt es Scholz bei Politprosa: „Stellt die SPD sich als progressive Volkspartei so auf, dass große Teile der Wählerschaft ihr das Land und die Führung der Regierung anvertrauen mögen, wird sie bei Bundestagswahlen auf neue Erfolge hoffen können.“ Ein Satz, dem in seiner Banalität niemand widersprechen dürfte.

Nicht einmal Mit-Vize Ralf Stegner. Der hat bereits am Mittwoch ein Papier zur „Großbaustelle SPD“ vorgelegt: „Vom Keller bis zum Dach muss saniert werden!“ Essenziell sei eine Erneuerung von Programm, Struktur und Organisation. Doch außer der Forderung nach einem neuen Grundsatzprogramm fehlt es bei dem Parteilinken ebenfalls an greifbaren Veränderungsvorschlägen. „Die SPD ist und bleibt eine tolle Partei, die vieles erreicht hat und noch mehr erreichen kann, wenn wir den Erneuerungsprozess als die Chance begreifen, der uns wieder zu politischen Erfolgen in der Zukunft führen wird“, schreibt Stegner stattdessen.

Bis zum Bundesparteitag im Dezember dürften noch einige Papiere geschrieben werden. Ob sie der SPD dabei helfen werden, einen Ausweg aus ihrer Krise zu finden, ist offen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.