Insolvenz und Verbraucherschutz: Mehr Schutz vor Airline-Pleiten

Fast 200.000 Kunden von Air Berlin verlieren wegen der Insolvenz ihr Geld. Nun wächst der Druck, Airlines zur Absicherung zu verpflichten.

Leere Airberlin-Schalter

Nichts mehr los bei Air Berlin Foto: imago/Sven Simon

Air Berlin, Alitalia, Monarch – allein in Europa flogen dieses Jahr bereits drei Airlines in die Pleite. Den Schaden haben dann auch Hunderttausende Kunden. Denn wer Flüge gebucht und bezahlt hat, die nicht mehr stattfinden, sieht sein Geld kaum jemals wieder. Im Insolvenzverfahren stehen solche Ansprüche der Kunden so weit hinten, dass die Kunden meist leer ausgehen.

„Diese Verbrauchersituation ist untragbar, zumal weitere Insolvenzen sicher folgen werden“, warnt Anusch Alexander Tavakoli. Der Professor für Wirtschaftsrecht an der Hochschule Pforzheim sieht dringenden Handlungsbedarf für die Politik: „Zum Schutz der Passagiere ist eine Insolvenzabsicherung für Flugbuchungen überfällig und sollte vom europäischen Gesetzgeber schnellstens in allen Mitgliedstaaten eingeführt werden.“

Das Fehlen des Verbraucherschutzes ziehe sich „wie ein roter Faden durch das gesamte Flugwesen“, kritisiert der Professor. So werde der Kunde bei Flugbuchungen faktisch gezwungen, oft mehrere Monate vorab zu zahlen. „Das ist sehr unüblich im sonstigen Wirtschaftsleben“, sagt der Jurist. Bei einer Hausrenovierung oder der Bestellung eines neuen Autos werde der komplette Kaufpreis schließlich auch nicht vorab verlangt.

Absicherung. Die Summen, die Verbraucher vorab für Flugbuchungen zahlen, bewegen sich allein in Deutschland jedes Jahr in Höhe mehrerer Milliarden. Dabei zeigt die Absicherung von Pauschalreisen, wie es im Sinne der Verbraucher besser geht. Die EU-Verordnung wurde 1990 auf den Weg gebracht. Seither sind Urlauber, die eine Pauschalreise buchen, viel besser abgesichert als Kunden, die online nur einzelne Leistungen wie Flüge kaufen und vorab bezahlen.

„Die Airlines verschaffen sich mit der praktizierten Vorkasse kostenlosen Kredit auf Kosten und Risiko der Passagiere“, stellt Tavakoli fest. Das bedeute auch, dass der Kunde dann seinem bereits gezahlten Geld hinterherlaufen müsse, wenn später die Leistung nicht stimme, also der Flug verspätet ist oder verlegt wird. Ansprüche müssten dann oft gegen Großkonzerne durchgesetzt werden, denen sich Einzelpersonen wirtschaftlich und rechtlich unterlegen fühlten.

„Am gravierendsten sind die Konsequenzen der Vorkasse im Insolvenzfall“, so der Professor. Dann drohe dem Kunden der Totalverlust. Denn nur bei Pauschalreisen seien Veranstalter gesetzlich verpflichtet, Kundengelder vor der Insolvenz zu sichern. Der vorgeschriebene Sicherungsschein garantiere beim Ausfall der Reise die Rückzahlung des Reisepreises- darin sind meistens Flug- und Hotelkosten eingeschlossen – oder die Rückreise vom Urlaubsort. Für reine Flugbuchungen existierte diese Sicherungspflicht nicht.

A. Tavakoli, Wirtschaftsrechtler

„Die Airlines verschaffen sich mit der praktizierten Vorkasse kostenlosen Kredit auf Kosten und Risiko der Passagiere“

Die Stärkung der Passagierrechte halten auch Experten wie Sabine Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale Brandenburg für dringend geboten. Seit Jahren warnen Verbraucherschützer, dass eine Absicherung der Kundenzahlung bei Flugbuchung fehlt. Doch immer wieder bekamen sie von der Bundesregierung und der EU-Kommission zu hören, dass Fluggäste durch die strengen Zulassungs- und Aufsichtsregelungen für Airlines sogar besser geschützt seien als Pauschalreisende.

Nun hoffen Verbraucherschützer und Experten, dass die neue Bundesregierung handelt und den Insolvenzschutz bei Flugreisen in den neuen Koalitionsvertrag aufnimmt.

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