Fußball und Polizei in Berlin: Klare Linie gegen Gewalt

Ausschreitungen am Rande eines Hertha-Spiels im Februar beschäftigten den Innenausschuss. Fazit: Polizei und Verein arbeiten gut zusammen.

Am 25. Februar 2017: Fans von Eintracht Frankfurt laufen zum Olympiastadion Foto: dpa

Es sei ein Moment gewesen, der Gänsehaut auslöste, berichtete die Polizeidirektorin Anja Röder. Mit dem Ruf „Die knöpfen wir uns einzeln vor“ seien 50 bis 60 Fußball-Ultras in geschlossener Formation auf die eingesetzten Polizeibeamten losgerannt. Nur dadurch, dass die Polizisten eine entschlossene Schießhaltung eingenommen und zu schießen angedroht hätten, „konnten die Randalierer gestoppt werden“.

Die Ausschreitungen, die am Montag den Innenausschuss des Abgeordnetenhauses beschäftigten, sind schon ein Dreivierteljahr her. Am 25. Februar 2017 waren Ultras von Hertha BSC und Eintracht Frankfurt am Rande des Bundesligaspiels aufeinander losgegangen. Nicht im Berliner Olympia-Stadion, wo die Mannschaften der beiden Vereine gegeneinander antraten, sondern vor Spielbeginn in Moabit. In der Beusselstraße befindet sich der Treffpunkt der Hertha-Ultras.

Zwischen den beiden rivalisierenden Gruppen hatte es in den vergangenen Jahren schon oft geknallt. Von einem Racheakt der Frankfurter war später die Rede. Maskierte Schläger attackierten einander mit Flaschen, Bierkisten, Stühlen und Feuerwerkskörpern. Sechs Personen kamen ins Krankenhaus, 80 wurden vorläufig festgenommen.

Für das Spiel sei die höchste Gefährdungsstufe angeordnet worden – „vier von vier“, sagte Anja Röder am Montag vor dem Innenausschuss. Als Stabsleiterin der Direktion 2 ist die Polizeidirektorin für die Fußballspiele im Olympia-Stadion zuständig, genauer gesagt für alle „Risiko- und Hochrisiko-Spiele“. 45.000 Plätze im Stadion seien an jenem Tag verkauft gewesen, so Röder, 4.000 Fans aus Frankfurt seien angekündigt gewesen. Wegen der Vorgeschichte „waren wir auf Auseinandersetzungen gefasst“ – allerdings eher in der vorangehenden Nacht.

Dass sich am Vorabend aber so gar nichts rührte, „hat mich alarmiert“, sagte Röder. Schon am Mittag sei deshalb eine Hundertschaft im Dienst gewesen. Auch die Verstärkung nach der Schießandrohung sei schnell vor Ort gewesen. Auf einem Bolzplatz wurden die Festgenommenen auf dem Boden sitzend bewacht.

CDU für längeres Gewahrsam

Es war die CDU, die den Tagesordnungspunkt am Montag beantragt hatte. Ihr innenpolitischer Sprecher, Burkard Dregger, verknüpfte das mit der Forderung, den Unterbindungsgewahrsam nicht zu verkürzen. Zurzeit sieht das Polizeigesetz vor, dass potenzielle Störer im Vorfeld von Großereignissen wie dem G-20-Gipfel oder Fußballspielen vier Tage in Gewahrsam genommen werden können. Die CDU hatte das in der vergangenen Legislaturperiode durchgesetzt.

Fanbetreuer Donato Melillo

„Der Dialog mit allen Fans steht im Vordergrund“

Rot-Rot-Grün hat im Koalitionsvertrag vereinbart, den Unterbindungsgewahrsam wieder auf 48 Stunden zu verkürzen – so wie es früher war. Nicht nur weil die Polizei von den vier Tagen nie Gebrauch gemacht hat, sondern weil ein so langer Freiheitsentzug verfassungsrechtlich höchst bedenklich sei, sagte der SPD-Abgeordnete Sven Kohlmeier am Rande des Ausschusses zur taz.

Auch die 80 Ultras, die im Februar in Moabit festgenommen worden waren, sollten Röder zufolge in Unterbindungsgewahrsam kommen. Aber der zuständige Amtsrichter habe auf einer Einzelzuführung bestanden. Das aber hätte die Kapazitäten der Polizei gesprengt. Bei der langen Prozedur wäre zudem das Fußballspiel – der Grund für die Ingewahrsamnahme der potenziellen Störer – längst zu Ende gewesen. „Wenn es den Grund nicht mehr gibt, müssen wir sie entlassen“, so Röder.

Am 3. Dezember treffen Hertha BSC und Eintracht Frankfurt wieder im Olympia-Stadion aufeinander. Die Vorbereitungen bei der Polizei für das Spiel liefen bereits, sagte Röder. Nicht nur zu Frankfurts szenekundigen Polizeibeamten bestehe enger Kontakt. „Mit Hertha BSC gibt es eine intensive Gesprächskultur.“ Es gebe regelmäßige Treffen im Vorfeld von sogenannten Risikospielen. Der Fanbeauftragte von Hertha BSC, Donato Melillo, und Thomas Herrich von der Hertha-Geschäftsleitung bestätigten das. Beide waren am Montag neben Röder ebenfalls in den Innenausschuss geladen.

Zehn Heimspiele im Olympiastadion hat Hertha in der laufenden Saison absolviert. Nur in vier Fällen habe es Störungen – wohlgemerkt keine Ausschreitungen – gegeben, war im Ausschuss zu erfahren. Der Dialog mit allen Fans stehe im Vordergrund, sagte Fanbetreuer Melil­lo. Kollektivstrafen lehne er ab. Wenn es zu Straftaten komme, führe der Verein unabhängig vom Ermittlungsverfahren eine Anhörung der betroffenen Person durch.

Die Fanszene sei sehr heterogen, viele Jugendliche seien darunter. Erzieherische Maßnahmen stünden bei den Sanktionen, die der Verein verhängen könne, im Vordergrund. Das Hausverbot in Stadien könne aber auch bundesweit verhängt werden sowie drei Jahre und länger dauern. Melil­lo: „Wir versuchen, eine klare, nachvollziehbare Linie zu fahren.“

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