Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Lindner steht auf Groko, die SPD auf Zuckerwatte. Agrarminister Schmidt verniedlicht sich selbst und Döner könnte bald verboten werden.

Ein Mann mit kurzen blonden Haaren und in Anzügen eilt durch das Bild, es ist Christian Lindner

Bock auf Groko (Christian Lindner) Foto: reuters

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: SPD-„Projekt 18“.

Und was wird besser in dieser?

Wenn gar keiner regiert, sinkt die Arbeitslosenzahl. Bevor das jemand merkt, einigen die sich auf Groko.

Die Jusos kündigen vehementen Widerstand gegen eine neue Groko an. FDP-Chef Christian Lindner spricht sich derweil in der Rheinischen Post für eine Neuauflage dieser Koalition aus, weil sie „in jedem Fall stabiler und günstiger als Jamaika“ sei. Sollten wir uns unter diesen Vorzeichen vor der Groko fürchten?

Wutgroßbürger Lindner reiht sich ein in die possierliche Einheizfront aus AfD, Linke und eben FDP als „Merkel muss weg“-Parteien. Die SPD dagegen ging mit eigenem Kanzlerkandidaten durch den Wahlkampf und wäre nun einzig legitimiert, „Merkel muss weg“ einzulochen. Stattdessen fantasiert sie sich einen Flausch Zuckerwatte zusammen: Bildungsreform, Abschaffung der Privaten Krankenversicherung und allerhand Gerechtigtum. Um auszutesten, wo die Schmerzgrenze der Union liegt, braucht es das erwiesenermaßen nicht: Die Schmerzgrenze von Merkel ist – Merkel.

Auch die Glyphosatkrise überschattet die Groko-Verhandlungen: Agrarminister Schmidt hat im Alleingang der Verlängerung des Pestizid-Einsatzes in der EU-Kommission für weitere fünf Jahre zugestimmt – und sagt nun, man habe mit dieser Zustimmung „mehr erreicht als mit einer Enthaltung“. Was meint er bloß?

Sich. In der dritten Person: So isser, der Schmidt. Dieser „Illeismus“ zeichnet größenwahnsinnige Caesaren aus, Schizophrene oder Kinder unter zwei Jahren. Erkennen wir bei Schmidt auf Milde und billigen ihm zu, in kindlicher Selbstverniedlichung Papa Seehofer aus sich sprechen zu lassen: Da muss der kleine Christian aber mal recht böse sein zu den Sozen, damit der Papa die Landtagswahl gewinnt. Hübsch der Move von SPD-Raubautz Kahrs: Im Gegenzug soll’s ein besseres Arbeitszeitgesetz geben. Das ist neue Transparenz: Meine Umgehungsstraße, dein Industriegebiet; hier Mülldeponie, dort Fahrradweg – das ist Politik. Ein schmutziges Geschäft, und wo es stattfindet, wächst kein Gras mehr. Wenn doch: Glyphosat drüber.

Noch mehr Gift: Wegen bedenklicher Phosphat-Zusätze könnte der Döner bis Ende 2018 aus der EU verbannt werden. Wird Erdoğan das persönlich nehmen?

Von Cola über Fischkonserven bis Backwaren lümmelt Phosphat in vielen Speisen herum, nur beim Fleischspieß gab es dazu eine Gesetzeslücke. Herz, Kreislauf und Organe können geschädigt werden, immerhin der langsamste Döner-Mord aller Zeiten.

Innenminister de Maizière will die Industrie verpflichten, deutschen Sicherheitsbehörden das Ausspionieren von Wohnungen, Autos und Geräten zu ermöglichen. Müssen wir in Zukunft aufpassen, was wir im Beisein der Kaffeemaschine sagen?

Das „Internet der Dinge“ scheint so verblüffend gut gesichert, dass der deutsche Staat keinen Fuß in die Hintertür bekommt. Das Innenministerium nennt 25 Fälle, bei denen Staatsspitzel die Software von Autos nicht knacken konnten. Von einem Innenminister könnte man erwarten, dass er nun mit 25 Blumensträußen zu den rechtsstaatlich vorbildlichen Autoherstellern eilt.

Bei den Jobcentern werden immer größere Millionensummen von der Eingliederung Arbeitsloser hin zur Verwaltung verschoben, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervorgeht. Will das Jobcenter womöglich gar nicht, dass Leute Arbeit finden?

Die Jobcenter finden offenbar Arbeit.

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft der Männer hat die erwartet schwere Gruppe zugelost bekommen. Kann das Vorrunden-Aus bei der Weltmeisterschaft in Russland überhaupt noch verhindert werden?

Korruption, Schmiergeldaffären, mafiöse Strukturen: Hoffentlich färbt die Fifa nicht ab auf Russland. Sportlich glaube ich: das löwt. Wir schulden den Brasilianern Genugtuung, und die treffen wir frühestens nach der Vorrunde.

Mit Prinz Harrys Verlobter Meghan Markle wird erstmals eine Person of Color offizielles Mitglied der britischen Königsfamilie. Ist Diversity die neue Strategie, um das Modell Monarchie in 2017 zu rechtfertigen?

Okay, es gibt einfachere Wege, die britische Staatsbürgerschaft zu erlangen – noch. Im Amt des deutschen Staatsoberhauptes gab es bisher weder Frau noch Migrant noch Politikferne. Wir können konservativ.

Und was machen die Borussen?

Köln ist nach einem Unentschieden gegen Schalke den Trainer losgeworden. Hey, warum klappt das bei denen und bei uns nicht?

FRAGEN: FAY

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.