Kommentar EU-Mercosur-Vertrag: Freihandel erschwert Agrarwende

Das Abkommen zwischen EU und südamerikanischem Staatenbund ist viel gefährlicher als CETA. Problematisch ist vor allem der Fleischexport.

Rinder auf einer Wiese

100.000 Tonnen Rindfleisch pro Jahr sollen die Südamerikaner in die EU importieren dürfen Foto: reuters

Das Angebot der EU-Kommission an den südamerikanischen Staatenbund Mercosur für ein Freihandelsabkommen ist gefährlich. Es würde Verbrauchern, Bauern, Umwelt und Tieren schaden – viel mehr als der bereits abgeschlossene Ceta-Vertrag mit Kanada.

Denn die Kommission hat Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay im Lebensmittelbereich viel mehr angeboten. Beispielsweise wollen die EU-Verhandler den Südamerikanern eine zollfreie Quote von 100.000 Tonnen Rindfleisch pro Jahr einräumen. Kanada darf ab dem 6. Jahr nach Inkrafttreten von Ceta nur 30.840 Tonnen ohne Importsteuer in die EU liefern.

Aber die Korruption ist in der Fleischbranche etwa Brasiliens viel weiter verbreitet als in Kanada. Das hat zuletzt der Gammelfleischskandal im Frühjahr bewiesen. Konzerne haben reihenweise Kontrolleure und sogar Minister bestochen. Deshalb sind Zusicherungen aus Brasilien wenig wert, dass Fleisch beispielsweise nicht mit in der EU verbotenen Wachstumshormonen produziert wurde.

Aus diesem Grund ist es auch skandalös, dass die Kommission dem Mercosur angeboten hat, südamerikanische Exportbetriebe zu akzeptieren, ohne sie vorher zu kontrollieren. Mehr Fleischimporte aus der Region könnten außerdem dazu führen, dass für die Tierhaltung noch mehr Urwald in der Region abgeholzt wird. Durch die Rodungen würden noch mehr Treib­hausgase freigesetzt und so der Klimawandel beschleunigt.

Billiges Fleisch brächte die Pleite

Vor allem aber würden zollfreie Fleischkontingente für den Mercosur die nötige Wende in der europäischen Landwirtschaft erschweren. Die deutschen Bauern beispielsweise halten ihr Vieh derzeit im Schnitt zu schlecht und sie verschmutzen die Umwelt zu stark. Das muss die Branche ändern, auch auf Druck des Staates.

Wenn jedoch gleichzeitig aus Südamerika billiges Fleisch hereinkommt, werden die deutschen Bauern pleitegehen. Sie würden in einem unfairen Wettbewerb unterliegen. So ließen sich weder mehr Tier- noch mehr Umweltschutz durchsetzen.

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Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

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