Kommentar Personalwechsel bei der CSU: Rechter Franke für die rechte Flanke

Die Bayern erwarten turbulente Zeiten. Ausgerechnet der Polarisierer Söder soll jetzt als Ministerpräsident die zerstrittene CSU einen.

Markus Söder steht vor einem Aufzug

Endlich auf dem Weg nach oben: Seehofers Erzfeind Markus Söder wird Ministerpräsident Bayerns Foto: dpa

Jetzt ist es zu spät, sich die „Stoppt Söder“-Plakette an den Parka zu heften: Söder ist nicht mehr zu stoppen. Der Franke wird bayerischer Ministerpräsident werden und das schon in den nächsten Monaten. Damit gehen zehn quälende Wochen zu Ende: Grabenkämpfe, Schlammschlacht, Machtspiele, Kesseltreiben – die Bezeichnungen für das Schauspiel, das die CSU bot, wechselten, das Niveau sank.

Mit den Entscheidungen vom Montag sind die Personalfragen nun fürs Erste geklärt. Das ist die gute Nachricht für die CSU. Die schlechte ist: Mit Söder als Ministerpräsident und Spitzenkandidat herrscht zwar nun gute Stimme in der Landtagsfraktion, es kommen aber auch handfeste Probleme auf die CSU zu.

Erstens: Wie Söder die berühmte rechte Flanke zur AfD zu schließen gedenkt, ist kein Geheimnis. Die bayerischen Wähler erwartet jetzt ein Wettkampf der rechten Parolen. Es ist die Methode, auf die auch die CDU in Sachsen vertraut hat. Die Folge war ein weiteres Erstarken der AfD.

Zweitens: Es droht eine weitere Spaltung der CSU. Derzeit ist nur schwer vorstellbar, wie ausgerechnet der Polarisierer Söder die verfeindeten Lager seiner Partei zusammenführen will – zumal in einer Konstellation mit seinem Erzfeind Seehofer als Parteichef. Da mögen die beiden noch so sehr die „legendäre Geschlossenheit“ der CSU beschwören und ihre gegenseitige Abneigung klein reden.

Und drittens: Söder ist ein Hemmschuh für eine Koalitionsbildung nach der Landtagswahl. Sich SPD oder Grüne als Juniorpartner in einer Söder-Regierung vorzustellen, erfordert zumindest Fantasie. Darauf zu vertrauen, man werde die absolute Mehrheit schon irgendwie verteidigen, wäre zum derzeitigen Zeitpunkt mehr als leichtsinnig.

Vermasselte Machtübergabe

Dass es überhaupt so weit gekommen ist, hat die Partei vor allem Horst Seehofer und seiner Selbstüberschätzung zu verdanken. Die angekündigte „Welturaufführung“ einer geordneten Machtübergabe hat er gründlich vermasselt. Nun darf er Parteichef bleiben. Aber nur, weil ihn derzeit in Berlin niemand ersetzen könnte.

Die bayerischen Wähler erwartet jetzt ein Wettkampf der rechten Parolen

Ein starker CSU-Chef, der nicht zugleich in der Staatskanzlei residiert? Ein Novum ist das nicht: Franz Josef Strauß war es eine gefühlte Ewigkeit, Theo Waigel auch eine ganze Weile. Nur: Keiner von beiden wurde zuvor aus dem Ministerpräsidentenamt gedrängt.

Wird ein zurechtgestutzter Parteichef Seehofer künftig also noch die Kraft haben, seiner CSU aus dem Jammertal zu helfen? Möglich ist das. Aber auch unwahrscheinlich.

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Jahrgang 1971. Seit 2015 Bayernkorrespondent der taz. Davor unter anderem zehn Jahre Redakteur und Ressortleiter bei "Spiegel Online", seit 2009 frei. Mitglied des Journalistennetzwerks beschreiber.de.

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