EU-Paket für die Zukunft der Energie: Strommarkt gerettet, Klima nicht

Die EU-Länder beschließen ihre Klimaziele und wollen den Energiemarkt neu ordnen. Aber sie bleiben hinter dem zurück, was nötig wäre.

Windräder stehen hinter Strommasten

Zu viel Spannung: Vor grünem Strom haben manche EU-Regierungen Angst Foto: dpa

BERLIN taz | Am Dienstag dieser Woche war die Eintracht vorbei: Während Baake den Beschluss der EU-Energieminister (den er mitverhandelt hatte) als „einen guten Tag für die europäische Energiewende“ pries, wetterte Turmes über „klimapolitischen Leichtsinn und schlechte Industrie- und Wirtschaftspolitik“.

15 Stunden hatten die EU-Minister in der Nacht von Montag zu Dienstag in Brüssel gebraucht, um das „Saubere-Energien-Paket“ nach vielem Hin und Her zu entscheiden. Mit einem Dutzend EU-Gesetzen wollen die Länder ihre EU-Klimaziele erreichen und den Energiemarkt neu ordnen. Ihre Kompromisse müssen sie im nächsten Jahr im „Trilog“-Verfahren mit Kommission und Parlament durchsetzen, ehe 2019 ein neues Parlament gewählt wird.

Das Paket stärkt die Rechte der Verbraucher, ordnet entscheidende Strukturfragen für die Energiewende, bleibt aber hinter dem zurück, was für den Klimaschutz nötig wäre. So streben die EU-Länder bis 2030 nur einen Anteil von 27 Prozent erneuerbarer Energien am Energieverbrauch an. Dabei wären laut EU-Klimakommissar Miguel Canete auch 30 Prozent leicht zu schaffen. Nötig wären laut einer Studie des Öko-Instituts 40 Prozent. Zusammen mit besserer Energieeffizienz soll das die Reduktion von 40 Prozent der Treibhausgase bringen, die die EU bis 2030 plant.

Beschlossen haben die Minister in der Nacht auch, dass bei Heizung und Kühlung in Gebäuden jedes Jahr ein Prozent mehr Öko-Energie eingesetzt werden muss. Den umstrittenen Einsatz von Biokraftstoffen im Verkehr ließen die EU-Staaten unverändert – obwohl die Kommission ihn wegen seiner Öko-Probleme lieber reduziert hätte.

„Nicht mehr national, sondern europäisch“

Nach den Regeln sollen Stromkunden ihre Anbieter wählen können, leichter selbst Strom erzeugen und der Stromhandel einfacher werden – für Deutschland ein alter Hut, für andere Länder eine Revolution. „Wir definieren Versorgungssicherheit nicht mehr national, sondern europäisch“, sagt Baake. Er ist auch zufrieden, dass die Einhaltung des 27-Prozent-Ziels von der Kommission in drei Messjahren zwischen 2021 und 2030 überwacht werden soll. Außerdem müssen die Staaten künftig erklären, wie sie ihre Energiepolitik mit dem Klimaschutz vereinbaren wollen.

Für Baake hat die Regelung eine Menge Positives: Deutschland werde nicht mehr in Brüssel wegen Subventionen am Pranger stehen, wenn es Erneuerbare fördere. Und Deutschland müsse nun dringend seine Stromnetze ausbauen. Wenn nicht, kann die EU Deutschland nach dem aktuellen Kompromiss in verschiedene Zonen beim Strompreis aufteilen – wogegen sich deutsche Wirtschaft und Politik mit Händen und Füßen wehren.

Verloren haben die Reformer bei den Subventionen für Kohle. Die Osteuropäer setzten durch, dass sie Kohlekraftwerke als angebliche Reserve massiv und noch bis 2025 subventionieren dürfen. Auch deshalb sieht die europäische Klimagruppe CAN die Gefahr, die europäische Energiewende werde „verzögert und erstickt“. Auch Martin Buck vom Thinktank Agora Energiewende – vormals Baakes Institut – sieht „einen bewölkten Tag für die Energiewende. Wir haben die Klima-Verpflichtungen von Paris und die niedrigen Kosten der sauberen Energien, aber Europa fühlt sich noch 15 Jahre wohl im Dreck“.

Alle hoffen nun auf das Europäische Parlament, um die Vorschläge der EU-Länder im nächsten Jahr im Trilog ehrgeiziger zu machen – die Kritiker um Claude Turmes genau so wie Rainer Baake.

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